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Was kann der Dolomitenmann?

Werner Grissmanns Extremstafette zählt zu den erklärten Topevents. Die im Juni 2014 präsentierte „Infrastrukturanalyse“ von Kohl & Partner traut dem Sportspektakel noch mehr zu, als nur mediale Breitenwirkung. Der Dolomitenmann könnte eine zentrale Rolle in der touristischen Markenentwicklung spielen und ein „Leuchtturmprojekt“ im Süden von Lienz begründen.

06.09.2014 – Seit den Morgenstunden knattern Hubschrauber über dem Lienzer Becken, die Wolkendecke beginnt sich zu lichten, eine Mischung aus Spannung und Fröhlichkeit liegt in der Luft. Am Iselkai, mitten in der Dolomitenstadt, federn drei Läufer aus Afrika vorbei, so leichtfüßig, als wären sie gewichtslos. Sie wärmen sich auf. Ich wohne am Iselkai und bin – fast schon aus Prinzip – nicht sportlich. Aber meine Bewunderung gilt jenen, die die Grenzen der Physis und der Physik überwinden und sportliche Dinge tun, die ein Couchpotatoe wie ich unter die Begriffe „verrückt“ und „lebensgefährlich“ einreiht. Deshalb nehme ich die Fernbedienung, zappe auf ServusTV und schaue mir gemeinsam mit unserem – etwas übergewichtigen – Kater Niki den Dolomitenmann im Fernsehen an. Mir fällt gerade auf, dass unser Kater so heißt wie der Sohn von Werner Grissmann, dem Dolomitenmann-Erfinder. Irgendwie macht mich das zum Experten.

Werner Grissmann hat seit Jahrzehnten die „weltgrößte Sportarena“ im Auge. Foto: Mirja Geh / Red Bull Content Pool
Der Stoff, aus dem die Helden sind. Jonathan Wyatt ist einer von ihnen. Einer der ganz Großen. Foto: Mirja Geh / Red Bull Content Pool

Ich könnte auch aus dem Fenster schauen, weil die tollkühnen Helden dieses Extrembewerbes vor der Haustüre der Lienzer schwitzen und kämpfen, aber ServusTV überträgt direkt und hat einen Vorteil: mit 40 Kameras, montiert entlang der ganzen Strecke und auf Hubschraubern sind die Leute des RedBull-Senders an diesem Tag die einzigen, die wie in der Fabel vom Hasen und vom Igel immer schon da sind, wenn die „Dolomitenmänner“ eintreffen. Der erste Hase heißt Petro Mamu und jagt in ungefähr 80 Minuten vom Hauptplatz in Lienz auf das sogenannte Kühbodentörl.

Für Kühe ist das kein guter Ort, das Törl liegt auf 2.441 Metern Seehöhe mitten in den Felsen der Lienzer Dolomiten, es sind nur noch ein paar Meter von deren wichtigstem Gipfel entfernt, dem Spitzkofel.  Jeder, der schon einmal hinaufgewandert ist, nennt das, auf gut Osttirolerisch einen „Hatscher“. Ein Hatscher ist ein langer Marsch, der selbst die Kraft und Kondition eines erprobten Bergwanderers fordert. Ein solcher würde für den Weg vom Cafe Petrocellis auf dem Lienzer Hauptplatz bis zum Kühbodentörl vielleicht sechs Stunden einkalkulieren. Ich würde so einen Hatscher gar nicht einkalkulieren.

Wie gesagt, der kleine Mamu aus Eritrea schnupft das weg in 80 Minuten und wer sieht, wie er nach 1.600 Höhenmetern in einer steilen Geröllhalde wie ein Uhrwerk dahintrippelt, der hat den Mund noch offen, als der nächste Wahnsinnige mit einem aberwitzigen Unterfangen startet. Mamu hat abgeklopft, hat seine Arbeit getan und einen anderen in die Spur geschickt, der eigentlich Gleitschirmflieger von Beruf ist. Müsste er nur seine Profession ausüben, schwebte vermutlich kein RedBull-Hubschrauber über ihm.

Aber die Stafette, die sich in den Lienzer Dolomiten abspielt, heißt Dolomitenmann und da musst du erstens lebensmüde und zweitens ein sportliches Perpetuum Mobile sein, sonst bleibst du besser vor dem Fernseher, wie der Kater und ich.

Gleitschirmflieger laufen bergauf, Radler fahren auf Skipisten, Kanuten ziehen Boote durch die Stadt. Was für ein Spektakel. Foto: Harald Tauderer / Red Bull Content Pool

Der Gleitschirmflieger gleitet also nicht, sondern muss samt seinem Schirm einen so steilen Geröllhang auf mehr als 2.000 Metern Seehöhe entlanglaufen, dass ein Fehltritt diesen Mann das Leben kosten würde, was ihn und Hunderte andere, die ihm an diesem Tag noch folgen, offenbar nicht kümmert. Es ist schon der Hammer, was echte Dolomitenmänner so leisten müssen, bis nach den aberwitzigen Mountainbikern der Letzte in der Viererkette mit hängender Zunge, am Ende seiner Kräfte, total „blau“, am Hauptplatz in Lienz einläuft. Heuer war das übrigens ein cooler Typ, ein 24 Jahre alter Steirer, der in „Five Finger Shoes“ durch die Andrä-Kranz-Gasse in Richtung Ziel tapste und ein Kanu hinter sich herzog. Was für ein Anblick! Was für eine Show! Wen wundert da noch, dass in einem Sommer, in dem es wochenlang durchregnete, der einzige Halbtag mit Sonnenschein auf jene vier Stunden fiel, in denen der Dolomitenmann über die Bühne ging. Das ist kein Zufall Leute, das ist ein Zeichen! Von ganz oben, wenn ihr wisst was ich meine.

EXPA / Hans Groder

Eine Etage darunter, beim TVB Osttirol, hat man dieses Zeichen auch verstanden. Dieser Eindruck entstand zumindest bei der Vollversammlung des Verbandes am 30. Juni 2014 im Lienzer Stadtsaal. Dort lauschten die anwesenden Touristiker, Politiker und Wirtschaftstreibenden gespannt dem Vortrag von Tourismus-Konsulent Martin Mayerhofer, der die „Infrastrukturanalyse“ für Osttirol präsentierte. Sie soll Klarheit über jene touristischen Projekte bringen, in die es sich zu investieren lohnt. Beauftragt wurde mit dieser politisch brisanten Analyse die Klagenfurter Firma Kohl & Partner, deren fachliche Qualifikation außer Streit steht. Was die Experten unter Mayerhofers Leitung entdeckten ist spannend, weil hinter der grauen Theorie der Studie die harte Realität der Geldverteilung steht. Diese Bauwerke lassen nämlich im günstigsten Fall auch manche Gemeindekasse klingeln. Deshalb sind die Bürgermeister hinter den „Leuchtturmprojekten“ her, wie die Läufermeute hinter Petro Mamu.

Auf Rang 1 der Prioritätenliste von Kohl & Partner steht ein „Outdoor-Dolomiten-Kompetenz-Zentrum“ in Lienz, das sich im Sommer auf die Disziplinen Mountain-bike, Klettern und Wildwasser fokussiert und im Winter auf Tourenski und Langlaufen. Es lässt eine durchgängige Spezialisierung auf Action erkennen und flankiert diverse Abenteuer-Sportarten mit einem spannenden Rahmenprogramm. Dieses Zentrum könne zum einen eine Art Drehscheibe und Ausgangspunkt für Outdoor-Sportaktivitäten aller Art sein, erklären die Berater, zum anderen aber auch Indoor-Sportaktivitäten bieten, allen voran eine Kletterhalle. Diese Halle dürfe jedoch  nicht austauschbar sein, meint Mayerhofer: „Die Kletterhalle muss einen USP bekommen, sie dürfte nicht zum Beispiel auch in Wien so stehen können.“

Als Benchmark für eine erfolgreiche Umsetzung eines derartigen Zentrums nennt der Experte die neuseeländische Metropole Queenstown, die in fünf Jahren ihre Sommernächtigungen um neun Prozent und die Winternächtigungen um 17 Prozent steigerte, seit sie sich mit diversen In- und Outdooraktivitäten als „Outdoor Activity Capital of the World“ positioniert.

Für Mayerhofer manifestiert sich im „Dolomitenmann“ als Bewerb genau diese Philosophie. Die Sportarten sind auf die Kompetenz der Region maßgeschneidert und zudem mit dem einzigartigen Austragungsort untrennbar verbunden. Der „Dolomitenmann“ wäre vor diesem Hintergrund weit mehr als ein vierstündiges Sportspektakel. Das Event könnte zum Aufhänger für ein ganzes Bündel von Angeboten werden, die unterschiedlichste Betriebe und touristische  Services miteinander verbinden.

Für Mitorganisator Niki Grissmann ein Szenario, an das er auch schon öfter gedacht hat: „Dieses Potenzial des Dolomitenmanns liegt auch nach Jahrzehnten noch brach. Obwohl die Veranstaltung so erfolgreich ist, gibt es keine Packages, keine Angebote auf den Spuren des Dolomitenmanns, keine Adventurewoche usw. Da wären viele Möglichkeiten, um aus dem Event Kapital zu schlagen.“ Nicht zuletzt durch die Werbewirkung der Stafette, die in Kombination mit konkret buchbaren Angeboten potenziert werden könnte. Die Schätzungen und Messungen der Reichweiten mögen je nach Blickwinkel unterschiedlich sein, aber allein die Direktübertragung durch ServusTV und das mediale Sponsoring der reichweitenstarken Kleinen Zeitung rechtfertigen bereits die Kosten und den Aufwand.

Wie weit wird der Dolomitenmann medial verbreitet?

Rund 22 Millionen „Kontakte“ zählte das RedBull-Mediahouse für die Veranstaltung 2013. Gemeint ist damit die Zahl an möglichen Lesern, die sich aus der Reichweite der berichtenden Medien ergibt. 2014 sollte dieser Wert noch deutlich übertroffen werden. Steht etwa eine Story über den Dolomitenmann in der österreichweiten Ausgabe der Kleinen Zeitung, dann ergibt das rund 800.000 Kontakte für die Medienstatistiker, unabhängig davon, ob alle potenziellen Leser den Bericht auch wahrgenommen haben. Hier zeigt der Blick auf das Detail auch klar, dass die Kleine Zeitung, die auch mit einem Team bei der Stafette antritt, für den Löwenanteil der erfassten Medien-berichte verantwortlich zeichnet. Unter den Top 15 von den RedBull-Statistikern erfassten Artikel im Jahr 2013 erschienen gleich 10 Stories im Kleinformat.

Das relativiert die Gesamtreichweite, weil der Kreis der Informierten bei zehn Artikeln in der Kleinen Zeitung ja nicht wächst. Doch auch die Tiroler Tages-zeitung, „Österreich“ und der ORF berichteten zum Teil ausführlich und steigerten damit die Reichweite. In Summe entfallen von den 22 Millionen Gesamtkontakten rund 15 Millionen auf heimische Medien. Im Ausland punktet der Dolomitenmann speziell in Gegenden, aus denen teilnehmende Teams stammen. Im Vorjahr sahen Millionen Japaner, wie einige der ihren recht ambitioniert versuchten, bei der Extremstafette vorne mitzumischen. In eine neue Dimension stieß das Extremevent in seiner jüngsten Ausgabe vor, weil Hauptsponsor RedBull seinen hauseigenen Sender gleich mit der Kavallerie aufmarschieren ließ und 350.000 Euro für eine Direktübertragung locker machte, die bislang nie gesehene Bilder vom Dolomitenmann in zigtausende Wohnzimmer übertrug.

ServusTV beziffert die Reichweite in Österreich mit 4,8 Prozent. Im Schnitt saßen über die gesamte Dauer des fünfstündigen Spektakels 26.000 Menschen vor den Bildschirmen, in den spannendsten Momenten wurden mehr als 56.000 zeitgleiche Seher registriert und insgesamt erreichte der Bullensender einen Kreis von 350.000 Menschen, die zumindest einmal in die Liveübertragung zappten. Da auch der Bezahlsender SKY Sport HD mit rund einer Million potenziellen Zuschauern und der ORF mit diversen Berichten zur Bilanz beitragen, stieß der Dolomitenmann 2014 medial in jedem Fall in eine neue Dimension vor.

Diese Bilder sprechen auch für die Region und verkünden eine Markenbotschaft.

Noch wichtiger als Reichweite: Marke

Der Dolomitenmann hat aber auch Markenqualität. Marken erweitern Produkte um zwei Eigenschaften: Alleinstellung und Emotion. Ein Radrennen ist super, aber letztlich austauschbar. Ein Radmarathon über Landesgrenzen ist da schon besser, aber immer noch nicht einmalig. Das selbe gilt für Tourenskirennen und Langlauf-Bewerbe. All das gibt es auch anderswo in ähnlicher Qualität. Ein Theaterfestival setzt Emotionen frei, ist vielleicht einmalig in der Region aber – bei Licht betrachtet – vergleichbar mit anderen Festivals.

Der „Dolomitenmann“ ist tatsächlich unvergleichlich, in dieser Form nicht kopierbar und in seiner gesamten Inszenierung hoch emotional. All das würde das Event aber noch nicht zum Markenkern eines Leuchtturmprojektes machen, wie Kohl & Partner es vorschlagen. Die wahre Genialität der Extrem-stafette liegt in der Auswahl der Sportarten und der dazupassenden Orte, die man vor dem zeitlichen Hintergrund ihrer Entstehung betrachten muss. Als Werner Grissmann sich den aberwitzigen Sportzauber ausdachte – passend zu seinem Image als bunter Hund der österreichischen Sportler- und Sportadabei-Szene – da waren Bergläufer noch knorrige Alpenrautler und Gleit-schirmflieger eine winzige Community von Lebensmüden. Montainbikes gab es zwar schon, der Hype um das Radeln im Gelände hatte aber noch nicht eingesetzt und auch im wilden Wasser tummelten sich nur wenige Abenteuerlustige aus der Kajakfraktion. Rafting und Canyoning gab es noch nicht.

Ein Vierteljahrhundert später sind Grissmanns Sportarten allesamt ganz oben auf der Hype-Liste der alpinen Adrenalinjunkies und ihrer Epigonen. In einer RedBull-Gesellschaft, in der sich Tausende mit Helmkameras bewaffnet über Felsen und ins Wildwasser werfen, mutet der Dolomitenmann so frisch und modern an, als wäre er eben erst erfunden worden.

Bis zu 25 „Sideevents“ flankieren den Dolomitenmann. Die Vorbereitung dauert ein Jahr. Foto: EXPA / Hans Groder

Dass es nebenbei der erste Bewerb überhaupt war, auf den RedBull – heute Weltsponsor aller Sportwahnsinnigen – sein Bullenlogo heftete, ist auch kein Zufall und macht den Dolomitenmann zum  logischen Imagebringer für ein ganzes Set an Möglichkeiten im Tourismus. Deshalb spricht Berater Martin Mayerhofer von einem Outdoor-Dolomiten-Kompetenz-Zentrum rund um Lienz und das legendäre Staffelevent. Auch Niki Grissmann denkt dabei an alles, was schon da ist und eigentlich nur vernetzt und ausgebaut werden müsste: „Es gibt Anbieter, die super sind im Rafting und Kajak, Paraglide-Schulen, Radverleiher und  Kletterguides. Das Problem: Wie schafft man es, rund 60 Ansprechpartner zusammenzuspannen.“

Es gibt internationale Vorbilder. Als ein Beispiel nennen Kohl & Partner die neuseeländische Metropole Queenstown, die sich ein ähnliches Image gibt und nicht nur zeigt, was man dazu an Facilities braucht, sondern wie man daraus ein touristisches Ganzjahresangebot machen kann. Auch die frisch gebackene Geschäftsführerin der Osttirol Werbung, Eva Haselsteiner, schlägt mit ihren Denkansätzen in einem ersten Dolomitenstadt-Interview auf Seite 70 in die selbe Kerbe. Sie will sich auf die Vernetzung starker Einzelangebote zu marktfähigen, wertschöpfungsorientierten Gesamtprodukten konzentrieren.

Und hier greift der zweite Genieblitz des „Grizzly“. Der Dolomitenmann bringt nicht nur die Trendsport-Szenen am Berg, in der Luft und im Wasser unter einen Hut, er inszeniert dieses Event um den einzig dafür geeigneten Ort: die Dolomitenstadt. So wird der Trend lokal verortet, bekommt neben spektakulären Bildern und ausgebuchten Betten auch geografische Koordinaten. Dieses Thema ist deshalb so wichtig, weil es ein Kernproblem Osttirols in seinem Kern erkennt – und löst.

Wo ist denn das? Diese Frage fürchten Osttirols Touristiker am meisten. Jeder weiß, wo Nordtirol und Südtirol sind, Kärnten, Salzburg, aber Osttirol?

Martin Mayerhofer von Kohl & Partner empfiehlt ein Outdoor-Dolomiten-Kompetenz-Zentrum für Lienz. Foto: EXPA / Hans Groder

In der Strategie des Tourismusverbandes Osttirol sind – ebenso wie in den Ratschlägen von Kohl & Partner – im Prinzip zwei Zonen erkennbar, die Markenkraft haben und den gebirgigen Markenkern in sich tragen. Zum einen die Nationalparkregion mit dem Großglockner, der in der alpinen Weltklasse spielt. Über Visionen und Möglichkeiten dieser Nationalparkregion werden wir im kommenden Dolomitenstadt-Magazin berichten.

Und zum anderen die Dolomiten und die nach ihnen benannte Stadt. Wir lassen jetzt einmal beiseite, dass die Lienzer Dolomiten eigentlich aus Kalkgestein bestehen und das Lienzer Stadtmarketing in einem markentechnischen Schwächeanfall – und ausgerechnet von RedBull-Erfinder Hans Kastner beraten – die Stadt in „Sonnenstadt“ umtaufte.

Für das Gros der Tourismustreibenden und Tourismuswerber, für die meisten Bewohner und natürlich auch für die Besucher bleibt Lienz die Dolomitenstadt, die neben einem „Dolomitenbad“ auch ein „Dolomitenstadion“ und eben einen „Dolomitenmann“ anzubieten hat. Die touristische Relevanz von Bad oder Stadion erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Abgesehen vom üblichen politischen Kleinkrieg sind sich die wichtigsten Akteure in der Stadt über die Funktion dieses Areals aber weitgehend einig. Der Um- und Ausbau des Dolomiten-bades ist in der Spur und im Budget, noch vor Jahresende wird der Auftrag wohl vergeben werden und damit eine neue Drehscheibe für sportliche Aktivitäten im Süden der Stadt entstehen. Nach einem politischen Gerangel um den Bau einer Kletterhalle wurde auch in dieser Causa weitgehend Einigkeit erzielt. An diversen Masterplänen wird gearbeitet.

Die Infrastrukturanalyse lenkt dabei den Blick auf das Wesentliche, die langfristige Strategie und damit den Sinn solcher Millioneninvestitionen, die in den kommenden Jahren anstehen und wohl auch umgesetzt werden. Obwohl bestimmte Maßnahmen nicht unbedingt koordiniert erfolgten, hat sich die Zone zwischen Amlach und Lienz entlang der Drau in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt in ein Freizeitareal verwandelt, das vor allem einheimische Jugendliche und Aktivsportler für sich okkupiert haben. Die Galitzenklamm mauserte sich Schritt für Schritt von einem schon etwas altmodischen Schulausflugsziel zu einem attraktiven Freizeit-Ensemble mit schweren und leichten Klettersteigen, Attraktionen für Kinder und Jugendliche, familientauglich in jeder Hinsicht und auch noch am Radweg gelegen, also an einem touristischen Trampelpfad erster Güte.

Dieser Weg führt entlang der Drau und damit entlang der Dolomitenmann-Kanustrecke. Neben Berg ist Wasser ein zentrales Markenmerkmal, beides wird in diesem Areal inszeniert. Gleich unterhalb der Galitzenklamm liegt das „Bootshaus“, die Zentrale der Kanuten, deren Community sich zum Teil auch mit den Kletterern überschneidet, eine vitale Szene rund um Paradepaddler Thomas „Zimml“ Zimmermann. Szene-Veranstaltungen wie der Freestyle-Kanubewerb und das Pappbootrennen, die Erholungs- und Freizeitangebote des Drauparks samt Skaterpark und Stadion lassen in dieser „Dolomitensport-Arena“ schon jetzt Freizeitstimmung aufkommen. Alles, wofür man ein Stadion braucht, findet hier statt, von Fußball bis Leicht-athletik, daneben schlägt sich das Dolomitenbad zumindest im Sommer halbwegs wacker und wird künftig um einen spektakulären Wellnessbereich mit Dolomitenblick und ein generalsaniertes Hallenbad aufgewertet. Die Ansiedlung des Eislaufplatzes ist politisch bereits auf Schiene und wird im Winter zusätzliche Frequenz für das Hallenbad, dessen Wellnesszone und eine dort angesiedelte Gastronomie bringen.

Bleibt noch die Dolomitenhalle, in der bislang Tennis gespielt wird, Messen veranstaltet und Parties gefeiert werden und wo seit Neuestem auch das Skitouren-Festival sein Zuhause hat. Bald könnte hier auch geklettert werden. Ob die „Dolomitenhalle“ als Kletterlocation die Alleinstellungsmerkmale bieten kann, die Kohl & Partner fordern, ist wohl eine Frage der Planung. Und so fügt sich zusammen, was der „Dolomitenmann“ als singuläres, medial wirksames Marken-Sportevent und die Infrastrukturanalyse als touristisches Markenziel definieren: ein Erlebnisraum rund um die Themen Berg und Wasser, Bewegung, modernes Leben und Natur, definiert durch die unverwechselbare Markenkraft der Dolomiten und die Nähe zur Stadt Lienz, einmalig in seiner Art und ein ganzheitliches Erlebnis, das Ein-heimische wie Gäste, Ruderer wie Radler, Kletterer wie Schwimmer, Jugendliche wie ältere Menschen anzieht und begeistert. Soweit die Vision.

Was man daraus entwickeln könnte, das zeigen wir unseren Lesern auf den folgenden Seiten. Als Werner Grissmann im Jahr 1988 den ersten „Dolomitenmann“ veranstaltete, wollte er „die größte Freiluft-Sportarena der Welt“ in Szene setzen. Dieses Superlativ werden vermutlich auch andere Orte für sich beanspruchen, die Welt ist groß und hat Sportlern auch anderswo viel zu bieten.

Aber ein Event wie den Dolomitenmann, eine Inszenierung von modernen Berg- und Wassersportaktivitäten in einem so bestechenden Mix von Natur und Stadt – das ist nicht leicht zu toppen und könnte tatsächlich der Kern einer auch infrastrukturellen Weiterentwicklung im Osttiroler Tourismus sein, von der nicht nur die Stadt sondern auch das Umland profitiert. Radwege führen Gäste ebenso in die Täler wie Flüsse, Mountainbikerouten und Klettersteige.

Michael B. Egger

Das Familienunternehmen: Sandra, Werner, Niki und Nina

Sie wirken nicht nur unzertrennlich, sie sind es auch. Die Grissmanns, die den Dolomitenmann als eine Art „Familienunternehmen“ Jahr für Jahr auf die Beine stellen. Im Kernteam des Vereins „Sportclub Dolomitenmann“ arbeiten 25 Personen fast das ganze Jahr an der Realisierung der Extremstafette, viele davon in ihrer Freizeit. Wichtigste Partner vor Ort sind die Heeressportvereine, der Kajakclub Osttirol und der Paragleitclub Touch Heaven, die Schützen sowie alle Blaulichtorganisationen. Am Tag des Ereignisses sind rund 700 Helfer im Einsatz, allesamt freiwillig. 500 Athleten, ihre Trainer und Angehörigen bleiben im Schnitt nach einer 2012 durchgeführten Umfrage eine Woche in Lienz.

Neben dem Rennen gibt es rund 20 flankierende „Sideevents“, von Pressekonferenzen über Spaghettiparty und Ö3-Disco bis zum VIP-Abend. Insgesamt kostet der Dolomitenmann rund 600.000 Euro, weniger als 20 Prozent dieser Kosten werden öffentlich gefördert. Den Löwenanteil zahlt Haupt- und Titelsponsor RedBull. Die Mateschitz-Firma legte heuer grob geschätzte 350.000 Euro drauf, für die Direktübertragung auf ServusTV. Exakte Zahlen werden hier nicht genannt. Mehr als 200 Zimmer buchte das Organisationsteam allein für TV-Leute und Techniker. Die Sportler und Besucher des Dolomitenmanns sind in dieser Bilanz noch gar nicht eingerechnet.

Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

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