Sillian: Ist der Kulturverein „dieHitte“ am Ende?
Sillian könnte einen Impulsgeber verlieren. Ein Gespräch mit Simon Leiter.
Der Sillianer Verein dieHitte könnte dieses Jahr sein inoffizielles 20-Jahre-Jubiläum feiern. Von zwanglosen Treffen in einer einfachen Holzhütte 1996 bis zur Gründung als Freizeitverein und der Neufindung als Kulturverein, der in Sillian zur festen Institution geworden ist, war es ein weiter Weg. Lag zu Beginn der Vereinstätigkeit der Fokus auf Partyveranstaltung, so wuchs der Anspruch mit der Zeit darüber hinaus. Das Spektrum erweiterte sich um Integrationsarbeit in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe sowie die Veranstaltung von Konzerten und Poetryslams. Man engagierte sich auch bei einer Factfinding Mission für den Jugendraum in Sillian oder im Rahmen der Aktion Miteinand.
Die Gründungsmitglieder derHitte haben ihre Lebensmittelpunkte nicht mehr in Osttirol. Simon Leiter, Mitbegründer und leitender Vorstand, der seine Liebe zur gelungenen Veranstaltung zum Beruf gemacht hat und in Innsbruck als Geschäftsführer einer Eventagentur ausgelastet ist, gibt Auskunft über mögliche Perspektiven.
Der Kern des Vereins ist seit gut 20 Jahren in der Hitte aktiv, lebt aber nicht mehr in Osttirol. Blickt man auf eure im Unterschied zu anderen Sillianer Vereinen noch junge Geschichte zurück, so habt Ihr euch schon früh die Frage nach dem Weitermachen gestellt. Plagen euch heute Nachwuchssorgen?
Im Moment absolut. Das hat verschiedene Gründe. Sicher vor allem aber auch, weil eigentlich alle Gründungsmitglieder nicht mehr in Osttirol leben. So wie sich die Situation für uns darstellt, werden wir im Mai die Arbeit einstellen. Sollten sich jedoch interessierte Nachfolger finden, die sich mit den Zielen des Vereins als Kulturverein identifizieren, dann wären wir natürlich gerne bereit, Know-how und auch die Infrastruktur des Vereins zur Verfügung zu stellen.
Hat sich der Verein von den Jugendlichen im Ort wegentwickelt oder gibt es heute einen anderen Bedarf, der gar nicht mehr mit Vereinstätigkeit abdeckbar ist?
Zum einen hat sich der Verein vom Partyveranstalter zum Kulturverein gewandelt, wobei dafür natürlich auch unser persönlicher Anspruch und unsere eigenen Interessen ausschlaggebend waren. Wir wollten schon immer andere Veranstaltungen organisieren, die neben den schon vorhandenen Angeboten wie etwa Zeltfesten bestehen können. Als manches nicht mehr so gut angenommen wurde, haben wir auch räumlich reagiert und den Veranstaltungsort vom Kultursaal ins alte Kinobuffet verlegt. Zum anderen hatten wir früher, als wir noch jedes Wochenende in Osttirol waren, noch mehr Kontakte zu Jugendlichen im Ort. Diese Verbindungen fehlen uns jetzt, wo wir wie ich etwa schon seit zehn Jahren nicht mehr in Sillian leben.
Vom Ruf des Saufvereins, mit dem ihr am Anfang stark konfrontiert wurdet, seid ihr mittlerweile weit entfernt. Später seid ihr zu Ansprechpartnern für die Gemeindeführung geworden, wie etwa bei der Gestaltung des Jugendraums oder der Sportfläche hinter dem Hallenbad. Was in der Vereinsgeschichte betrachtest du als größte Errungenschaft, was als Scheitern?
Besonders gefreut hat uns die Anerkennung quer durch alle Altersschichten als Verein, der gute Arbeit macht. Als wir etwa Kabarett-Veranstaltungen wie mit Luis aus Südtirol oder dem Herbert-Pixner-Projekt organisiert haben, war die Resonanz wunderbar und wir wurden anders wahrgenommen, als das negative Vorurteil erst viele glauben gemacht hat. Gescheitert sind wir an dem Anspruch, alternative Kulturimpulse zu setzen, die auch gut besucht werden.
Das Sillianer Marktlfest wie Silvesterveranstaltungen sind sanft entschlummert, ebenso wie andere langjährige Veranstaltungesreihen im Ort, an denen die Hitte auch beteiligt war. Gibt es unter Umständen keinen Bedarf an solchen Aktivitäten? Will Sillian es ruhig und beschaulich?
Im Grunde genommen ist die Antwort in der Frage schon vorweggenommen. Das Interesse ist sehr überschaubar, auch wenn oft Klagen darüber zu hören sind, das zu wenig los ist. Wobei das sicher auch damit zu tun hat, dass viele, die sich für alternative Angebote interessieren, Osttirol schon früh verlassen. Die wenigen, die bleiben und sich dafür interessieren, reichen dann aber wieder nicht für eine gelungene Veranstaltung. Das führt natürlich auch zu einem Teufelskreis. Für andere scheint das vorhandene Angebot ausreichend zu sein, sonst würden sie sich wahrscheinlich mehr engagieren.
Spiegelt sich in der Abwanderung der meisten aktiven Vereinsmitglieder der Brain Drain wieder, unter dem Osttirol allgemein leidet?
Das kann man so sehen. Wobei dieHitte lange Zeit für viele von uns Grund war, immer wieder zurück zu kommen. Das löst sich auf, je älter wir werden und die beruflichen und privaten Interessen einfach woanders als in Sillian liegen. Was wir mit der Hitte aufgebaut haben, war wichtig, muss jetzt aber Platz machen für andere Leidenschaften.
DieHitte hat sich schon früh mit Webdesign, Logofindung und Merchandising beschäftigt. War der Verein für manche von euch auch Versuchsfeld und Startpunkt für die eigene berufliche Karriere?
Wir haben alle immens von den gemachten Erfahrungen profitiert. Wir haben als Jugendliche etwas gegründet und selbstverantwortlich betrieben, selbstständiges Arbeiten gelernt, haben unglaublich viele interessante Begegnungen und Kontakte geknüpft, coole Veranstaltungen gemacht und eine großartige Zeit miteinander verbracht. Wir haben es wachsen sehen, haben Probleme bewältigt und erlebt, wie befriedigend Erfolgserlebnisse sind, wenn etwas gelingt. Deshalb können wir jetzt sehr unsentimental zurück schauen und sagen, dass es für uns Zeit ist Neues anzugehen. Wie gesagt, wenn sich Jugendliche finden, die an dieser Stelle weitermachen wollen, dann stehen alle Türen offen. Aber den Verein vor sich hin vegetieren zu lassen, das wollen wir nicht. Wir wissen, wann für uns Schluss ist.
Als Verein ist die Zusammenarbeit mit der Gemeinde ein wichtiger Aspekt. Wie habt ihr die erlebt?
Während unserer besonders aktiven Zeit hatten wir oft den Eindruck, dass alleine aufgrund von Verwaltungsaufwand alles etwas mühsam war. Im Nachhinein betrachtet erscheint mir Vieles sehr problemlos, weil es Gemeinden gibt, in denen Vieles von dem, was wir umsetzen konnten, nicht möglich wäre. Als Erfolg erlebten wir auch das Treffen der Obmänner aller Sillianer Vereine Ende 2015 mit dem Gemeinderat, in dem einige Forderungen erfüllt wurden, die auch für eine Weiterführung unseres Vereins Voraussetzung waren. Wichtig war für uns, dass die Gemeinde ein klares Bekenntnis quer durch alle Fraktionen zu einem Nischenangebot wie derHitte abgegeben hat.
Die Voraussetzungen für eine Weiterführung derHitte unter anderer Führung wären also gut?
Natürlich. Die Basis ist da. Es sind nicht „die Gemeinde“ und nicht „der Tourismus“, die für Veranstaltungen zu sorgen haben. Die können unterstützen, was Interessierte mit Engagement selbst auf die Beine stellen. Die Jammerei, das zu wenig für Osttirol gemacht werde und die Opferrolle, in die man sich damit begibt, halte ich für ein Grundübel. Tun müssen die Leute was. Die müssen aktiv sein. Man muss selber was machen, sonst passiert nichts.
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