Verkehrsexperte fordert Vorrang für Radler in Lienz
Vor dem Jahreswechsel wurde in Eile das Radkonzept präsentiert.
Es war nicht unbedingt der günstigste Moment, um die grundsätzliche Einstellung zum Thema Radverkehr in den Köpfen von Lokalpolitikern zu verankern. Michael Meschik, Leiter des Instituts für Verkehrswesen an der Uni für Bodenkultur und ein bekennender Verfechter umfassender Begünstigungen für Radfahrer und Fußgänger hielt sein Grundsatzreferat zu diesem Thema ausgerechnet in der letzten Gemeinderatssitzung des abgelaufenen Jahres.
In dieser Sitzung wurde auch der Budgetvoranschlag besprochen, man wusste also – das wird lange dauern. Und so war die Bereitschaft, über die Thesen des Professors zu diskutieren, nur in Ansätzen vorhanden. Man ging schnell zur Tagesordnung über, um vor Mitternacht aus dem Ratsaal zu kommen.
Dabei verdient der Experte aus zwei Gründen volle Aufmerksamkeit: zum einen, weil längst auch in der Praxis nachgewiesen ist, dass in allen Städten – auch in Lienz – viele Autofahrten über Kurzstrecken führen und problemlos mit dem Rad zu bewältigen wären. Meschik präsentierte viele Zahlen die das belegen.
Zum anderen, weil die Motivation zum Umstieg nicht unbedingt mit gröberen baulichen Maßnahmen und damit Kosten einhergeht. Der Experte mühte sich redlich zu zeigen, dass nicht Umbauen sondern Umdenken der Knackpunkt ist. Sein Konzept, das im Auftrag der Stadt erstellt und im zuständigen Ausschuss abgesegnet wurde, hat fast 200 Seiten, in denen keineswegs nur die Theorie abgehandelt, sondern auch ein ganzes Bündel an konkreten Maßnahmen vorgeschlagen wird. Rund 40 Hotspots des Radverkehrs werden analysiert, jeweils mit konkreten Vorschlägen zur Optimierung aus der Sicht der Radler.
Vereinfacht ausgedrückt geht es darum, Radfahrern und Fußgängern schlicht den Vorrang gegenüber dem Pkw einzuräumen. Nicht selten wird nämlich der Weg mit dem Rad zur Schlangenlinie auf Pfaden, die obendrein nicht immer rechtens sind. Ein schönes Beispiel ist die Schikane, die auf der Radroute entlang dem Grafenbachl an der Kreuzung zum Brunnenweg eingebaut wurde.
Wer hier bevorzugt wird, sieht man mit freiem Auge. Ähnlich skurril verläuft der Weg jener Pedalritter, die vom Lienzer Krankenhaus oder von der Nordschule zum Iselkai unterwegs sind. Hier gibt es schlicht nur eine Spur nach rechts und eine nach links, geradeaus ist nicht vorgesehen.
Entlang der Bundesstraße in Richtung Leisach bietet sich ein ähnliches Bild. Auch hier ist der Autoverkehr vorrangig, die Radler werden in eine Schleife gezwungen, die Michael Meschik abschaffen würde, genauso wie die meisten Einbahnregelungen für Radler.
Meschik hält das Radfahren gegen die Einbahn für grundsätzlich überlegenswert, etwa in der Kreuzgasse, aber durchaus auch auf mehr frequentierten Wegen wie der Schweizergasse. „Wenn in der Schweizergasse ein Autofahrer einen Radfahrer in der regulären Fahrtrichtung überholt, ist das mindestens ebenso gefährlich, wie wenn der Radfahrer aus der entgegengesetzten Richtung kommt“, so die durchaus etwas ketzerische These des Fachmanns, der immer wieder auf Städte in Nordeuropa verweist, in Holland oder Dänemark, wo solche Regeln längst erfolgreich eingeführt sind, ebenso wie durchgehende Tempolimits.
Meschik plädiert für ausnahmslos Tempo 30 im Stadtgebiet, wodurch das Gefahrenpotenzial für Radfahrer und Fußgänger erheblich reduziert würde und zugleich viele „normale“ Straßen auch für den kombinierten Rad- und Pkwverkehr nutzbar wären, ohne Verbreiterung und baulich aufwändige Radwege oder -spuren.
Dolomitenstadt.at wird dem Thema ab dem Frühjahr besonderes Augenmerk widmen. Wir sind eine begeisterte „Radler-Redaktion“ und wollen deshalb die Radstudie und ihre Thesen genauer unter die Lupe nehmen – in einem Praxistest!
7 Postings
Toller Zeitpunkt um ein Radfahrkonzept zu präsentieren. Aber im Wahlkampf ist ja bekanntlich jedes Mittel recht. Wiedermal ein Konzept für die Schublade. Leere Versprechungen und wertlose Konzepte, hatten wir das nicht schon?
Die Lienzer Radler bleiben wie immer auf der Strecke. Es lebe der Autoverkehr inkl. Abgase u. Staus! Ein Hoffnungsschimmer bleibt zumindest den Schwärmen an italienischen Radtouristen im Sommer vorbehalten.
Durch das geplante Mobilitätszentrum am Bahnhof, gelangen zumindest sie schneller ins Stadtzentrum zu Kaffee, Kuchen und Eis.
Radwege finde ich sehr sinnvoll, möchte aber zu bedenken geben, dass Radwege keine Rallywege sind und jede Art von Narrenfreiheit bedeutet. Es ist mir schon öfters passiert, dass mir Radfahrer am Gehsteig und sogar am Schutzweg fast über meinen Blindenstock gefahren sind. Schade, dass so viele "blinde" Menschen unterwegs sind!!
Auch wenn man mit dem Fahrrad von der Kärntnerstrasse in Richtung Nussdorferstrasse einbiegen will, dann ist es, um nicht von einem Auto "abgeschossen" zu werden günstig, mit dem Radl schon bei der Einfahrt zur Kaserne auf den Gehsteig auszuweichen. Hier stehen zu bleiben, um den entgegenkommenden PKW Gegenverkehr abzuwarten, ist für einen Radfahrer von vorne sowie auch von hinten lebensgefährlich. Der Vorschlag von Herrn Meschik sollte Berücksichtigung finden.Vielleicht fahren die Damen und Herren Stadträte die betreffenden Strecken einmal selbst mit dem Fahrrad ab, damit sie die gefährlichen Situationen selbst erleben, wäre empfehlenswert.
Ich finde diesen kurzen Bericht eigentlich sehr interessant, da er relativ einfach eindeutige "Sperren im Kopf" aufzeigt, die einem das Radfahren un(ter)bewußt unschmackhaft machen. Habe echt gedacht, Herr Meschik "kennt meine Gedanken", denn gerade beim Brunnenweg gehen einem diese Sperren echt am Wecker, und man will gar nicht mehr so recht dort fahren. Aber noch mehr überrascht war ich, als auch noch die Kreuzung beim Falkensteinerweg als Bsp. aufgetaucht ist. Denn da denkt man sich tatsächlich jedes mal, was soll diese Ableitung des Radweges in die Straße, sodass man zuerst schauen muss, ob man überhaupt ungefährdet rüber kommt und man dann mit einiger Kraftanstrengung wieder rauf auf den Radweg zurück muss.
Ein weiteres Bsp. wäre für mich der Verbindungsweg zwischen Molkerei und Isel, da man dort ein Teilstück nicht asfaltiert hat und es wohl auch hier unterbewußt keinen echten Spass macht, mit dem Rad zum Grand Hotel zu fahren. Und dort hört dieser Weg dann leider überhaupt auf, toll wäre es, wenn es noch eine Direktverbindung zum Iselkai gäbe, und dass man auch dort mit reduziertem Tempo auf eigenen Radstreifen fahren dürfte.
Als ein Superbeispiel darf man wohl die Verbindungsbrücke vom Hermann v. Gilm-Weg zur Altstoffsammelstelle sehen, das hat das Radfahren in diesem Bereich wahrlich um Vieles erleichtert, um zum Bahnhof zu kommen. Und dadurch greift man dann wirklich lieber zum Rad, da man recht flott von A nach B kommt.
Warten wir mal ab, was die Zukunft in Sachen Rad noch bringt, ein weiterer Schritt sollte wohl das geplante Mobilitätszentrum beim Bahnhof sein. Dort sollte man dann natürlich auch direkt von Eichholz mit dem Rad zum Hauptplatz kommen können.
also ich hab selten so einen blödsinn gelesen ..... die radler nehmen sich eh schon den vorrang wo sie wollen. man sollte sie im gegenteil mal kräftig zur verantwortung ziehen - auch die italienischen radler, wo es keine rolle spielt, ob diese bei rot über die ampel fahren oder auf gehsteigen rumradeln als obs kein morgen gäbe - aber wenn ein städter ohne licht unterwegs is oder abbiegt ohne ein zeichen zu geben, dann wird gestraft. lienz in diesem sinne autofrei machen zu wollen, dränge ich ins reich der sanften träume
Liebe Dolomitenstadtler, Lienz geht ja im hausgemachten Autoverkehr unter, also lasst uns Lienz zur Radlermetropole machen, das ist einfach, billig, gesund und macht Spaß.
Einmal mehr eine Studie in Auftrag gegeben, wann wird dann reagiert? Oder - doch vorerst zu anderen in die Schubladen zurücklegen?
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