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Rotes Kreuz Lienz: „Gehen wir Arm in Arm“

Soziales braucht Zusammenarbeit, das zeigte ein Treffen in der Bezirksstelle Lienz.

Das Rote Kreuz widmet sich verstärkt der Sozialbegleitung und lädt dafür verschiedene Organisationen zur Zusammenarbeit ein. Foto: Tobias Tschurtschenthaler
Das Rote Kreuz widmet sich verstärkt der Sozialbegleitung und lädt dafür verschiedene Organisationen zur Zusammenarbeit ein. Foto: Tobias Tschurtschenthaler
In einer Krisensituation kann eine einfache Aufgabe zur fast unüberwindbaren Hürde werden. Dann wird das Ausfüllen eines Formulars zum Problem oder der Weg zu einer Behörde dermaßen zur Belastung, dass man es lieber bleiben lässt. Da dies immer mehr Menschen betrifft, nimmt sich das Rote Kreuz nun dieser Menschen an und gibt Hilfe bei Dingen des Alltags. Ein Team von sieben Freiwilligen, geleitet von Christa Erlacher, wird in Osttirol Menschen in Krisensituationen beistehen, und das möglichst unkompliziert und vor allem unbürokratisch. Da man im Zuge dieser Aufgabe automatisch mit verschiedenen Behörden zu tun hat und auch in Bereiche anderer Hilfsstellen gerät, lud die Bezirksstelle Lienz am Donnerstag, 10. Dezember, verschiedene Organisationen, u.a. die Caritas, die Tiroler Sozialen Dienste, aber auch die Polizei, das AMS, die BH und die Stadtgemeinde Lienz zu einem Austausch ein. Im Mittelpunkt stand die Diskussion, wie man sich vernetzen und zusammenarbeiten könne, denn in einem war man sich sofort einig: Immer mehr Menschen brauchen Unterstützung im Alltag. Die Aufgaben, die daraus für die verschiedenen Organisationen entstehen, ähneln sich. Die Hürde, die viele Menschen bei Ämtern empfinden, kennt auch Bezirkshauptfrau Olga Reisner, die erzählte, dass eine von der BH in Auftrag gegebene Studie gezeigt habe, dass es vor allem Männer über 50 Jahren sind, die in die Bezirkshauptmannschaft kommen, während Personen zwischen 20 und 30 Jahren wenn möglich nicht erscheinen und ältere Menschen oft hilflos seien, wenn es darum ginge, sich bei Behördenwegen zurechtzufinden. Ein Formular auszufüllen sei aber auch für Personen mit höherer Bildung nicht immer einfach. Doris Batkowski, Leiterin des AMS Lienz kennt die Problematik und fügte hinzu, dass in ihrem Bereich das Problem weniger das Formular sei, sondern dass die zum AMS kommenden Menschen Ansprache bräuchten – weit mehr als man bieten könne.
Christa Erlacher leitet die Sozialbegleitung des Roten Kreuzes in Lienz.
Christa Erlacher leitet die Sozialbegleitung des Roten Kreuzes in Lienz. Foto: Rotes Kreuz
Auch die Polizei habe immer öfter mit Menschen zu tun, die nicht mehr wissen, an wen sie sich wenden sollen, berichtete Polizist Hannes Gatterer, der in einem Nebensatz ein Thema ins Spiel brachte, das an diesem Abend immer wiederkehrte: der Mangel einer Notschlafstelle in Osttirol. Zum Fall einer Wegweisung kommt es fast immer spontan und meist in der Nacht. Wohin kann man den weggewiesenen Menschen bringen, wenn es keine Notschlafstelle gibt? Das gleiche Problem stelle sich auch vermehrt bei Flüchtlingen, fügte er hinzu. Die Angerburg sei voll, wohin also mit den Menschen? Hier hakte Dagmar Dellacher von den Tiroler Sozialen Diensten ein, die davon erzählte, wie es sich anfühlt, einer Mutter mit kleinen Kindern sagen zu müssen, dass es trotz Wintertemperaturen keinen Platz gibt. Anton Goller vom Roten Kreuz sagte, dass man das Flüchtlingsthema in der Sozialbegleitung zunächst aussparen müsse, weil sich die Freiwilligen erst einarbeiten würden und man keinesfalls etwas versprechen wolle, das nicht einhaltbar sei. Im Laufe des Abends zeigte sich allerdings, dass viele Aufgaben Einheimische ebenso betreffen wie Menschen auf der Flucht. Die Zusammenarbeit wird deshalb schon bald losgehen. Anton Goller meinte: „Setzen wir uns zusammen und schauen wir, was wir gemeinsam tun können. Gehen wir Arm in Arm.“ Das passte zum Grundtenor des Abends, an dem sehr deutlich wurde, dass man die Herausforderungen nur gemeinsam lösen kann – und Herausforderungen gibt es immer mehr, weil es mehr Armut gibt, mehr Menschen einsam und ohne Unterstützung sind, immer mehr psychische Hilfe gebraucht wird und es Menschen braucht, die andere bei der Hand nehmen und sie bei kleinen Dingen stützen. Manche an diesem Abend erzählte Geschichte rührte zu Tränen und brachte Stille in den Raum – und doch gab es immer wieder jemanden, der Vorschläge hatte, wie man dies lösen könne. Lediglich das Thema der Notschlafstelle blieb offen. Hier wird die Politik eingreifen müssen, denn dieses Problem ist nur als Gemeindeaufgabe lösbar. Vielleicht eine Weihnachtsaufgabe für die Osttiroler Gemeindepolitiker? Es gilt ja auch für sie, was für die Freiwilligen des Roten Kreuzes gilt, wie Christa Erlacher es für sich formulierte: „Mit Mitgefühl und Einfühlsamkeit“ wolle man die Aufgabe angehen.
Daniela Ingruber stammt aus Lienz und arbeitet als Demokratie- und Kriegsforscherin am Institut für Strategieanalysen in Wien. 

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