Drei Gym-Lehrer antworten David Ragger
"Du hast ein eindrucksvolles Zeugnis deiner Bildung abgelegt."
Lieber David,
Es freut uns, dass du ein eindrucksvolles Zeugnis deiner Bildung abgelegt hast, an der wir Gym-Lehrer doch auch ein wenig mitbeteiligt sind.
Wir können dir allerdings versichern, dass die Skepsis diesem Gesamtschulprojekt gegenüber nicht auf Standesdünkeln unsererseits beruht. Wir haben als AHS-Lehrer größte Hochachtung gegenüber den Hauptschul- und nun NMS-LehrerInnen, die tolle und schwierige Arbeit leisten und wissen, dass Unterricht mit begabten Schülern natürlich relativ einfach ist. Du weißt aber auch, dass am Gymnasium nicht nur hochbegabte Schüler zu finden sind und wir alle bestmöglich fördern.
Noch größeren Respekt haben wir vor VolksschullehrerInnen, die (teilweise in Abteilungsunterricht) oft Klassen mit über 20 Schülern allein zu betreuen haben und wo Teamteaching ja noch viel wichtiger wäre, aber an den finanziellen Rahmenbedingungen scheitert.
Der Punkt ist doch, dass wir, wie in Österreich inzwischen ja schon Tradition, keine Ahnung haben, wie die geplante Gesamtschule ausschauen wird. Fest steht lediglich, dass darin keine Volksschulen, NMS oder Gymnasien mehr vorgesehen sind, sondern eine gemeinsame Schule der 6 bis 14-Jährigen und dass Modellregionen keine zusätzlichen Kosten verursachen dürfen. Das heißt dann auch, dass die Ressourcen auf alle Schulstufen verteilt werden müssten, womit der jetzige Betreuungsstandard in den NMS sicher nicht zu halten sein würde. Ist es da nicht logisch, dass man nicht mit Jubelgeschrei für etwas votiert, das laut Regierungsbeschluss Experten erst ausarbeiten sollen? Man kann davon ausgehen, dass man diese nicht unter den Beteiligten (Schüler, Eltern, Lehrer,) suchen wird.
Wir wehren uns vor allem dagegen, dass man unter Missachtung der Wünsche der Bevölkerung (siehe Votings) und unter Außerkraftsetzen jeglicher demokratischer Prinzipien von politischer Seite einen kompletten Umbau der Bildungslandschaft, ohne Einbindung der Betroffenen, verordnen will.
Es wäre wohl traurig, wenn wir unsere erfolgreiche Schulform kampflos aufgeben würden.
Birgit Burger, Arno Oberegger, Hansjörg Schönfelder
5 Postings
Sachliche Wortmeldungen wie diese hätte man sich von Anfang zu der Debatte gewünscht. So begründet kann man die Gesamtschule ablehnen.
Das ganze von drei Lehrern, die jegliche Kritik am wenigsten betrifft.
Warum soll Osttirol, das geographisch und infrastrukturell ohnehin schon zu den benachteiligten Regionen zählt als "Versuchskaninchen" dienen? Das Gesamtschulmodell (ebenso wie die NMS) besteht noch nicht lange genug, um qualifizierte Rückschlüsse oder Urteile zu fällen. Wenn es sich als besser als das jetztige Modell herausstellt - Warum nicht? Aber Veränderung nur um der Veränderung Willen ist einfach nur abzulehnen.
Vor allem deshalb bin ich skeptisch, weil sich beispielsweise in Deutschland zeigt, wie sich die Umstellung auf ein Gesamtschulmodell auswirken könnte. Dort sind die Leistungen der SchülerInnen in jenen Bundesländern mit Gesamtschulsystem (Brandenburg etwa) geringer als in jene mit differenziertem Schulsystem. Interessanterweise erbringen auch Nicht-Gynasiasten in Bundesländern mit ausdifferenzierten Schulsystemen tendenziell bessere Leistungen. Ob das einzig und allein an der Schulform hängt, weiß ich nicht.
Allerdings finde ich persönlich ein differenziertes Schulsystem wichtig, da es allein innerhalb der Schule oder gar der Schulklasse nie eine so starke Binnendifferenzierung geben kann, wie sie nötig wäre, um jedes Kind nach seinen Bedürfnissen und Stärken entsprechend zu fordern und zu fördern.
Auch wenn es traurig anmutet, aber das Schulwesen hat auch die Aufgabe zu differenzieren. Ob der aktuelle Weg der beste ist, ist damit nicht gesagt.
Zeitgleich im Norden des Landes... http://tirol.orf.at/m/news/stories/2745423/ Spannend, wie unterschiedlich ein und dieselbe Schulform im gleichen, nein, selben, aber wohl nicht identischen Bundesland betrachtet/behandelt werden kann...
Ich verstehe die Polemik mancher Kommentatoren oder -innen nicht ganz. Ich habe in keinem einzigen Posting eines Gym-Lehrers auch nur ein abfälliges Wort über Kollegen anderer Schulen gelesen, andererseits werden wir aber laufend beschimpft als arrogante Schnösel ohne pädagogisches Geschick. Ist das nicht ein bisschen unfair? Vielleicht stimmt ja auch nicht alles, was so erzählt wird... Aber es muss doch wohl erlaubt sein, die Gesamtschule als einzig glückseligmachende Schulform in Frage zu stellen. Ein Kärntner NMS-Lehrer hat mir erzählt, sie hätten eine Weisung bekommen und dürften nichts Negatives über diese Schulform sagen. Sind wir jetzt schon so weit, dass man seine Meinung nicht mehr sachlich vorbringen darf?
Der Aufschrei galt wohl in erster Linie der Ausdrucksweise der Gymnasialdirektorin (...Haltung des Bildungsniveaus nur durch das Gymnasium,...usw.= NMS bietet diesen nicht...?) und mancher ProfessorInnen (z.B.Mitteilung eines Schülers am gestrigen Nachmittag: "Die Lehrperson hat die ganze Stunde über die NMS abgelästert") und einige Zitate von Hr. Ragger, z.B wenn es in der Klasse laut ist: "Hier geht's ja zu wie in der NMS",.... Vielleicht würde man gut tun daran tun, vom "hohen Ross" zu steigen. ProfessorInnen haben zwar eine universitäre Ausbildung - die pädagogische Ausbildung hinkt der eines Pädak-bzw. PHT-Absolventen um ein Vielfaches hinterher. Das weiß ich aus eigener Erfahrung!
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