Besuch bei den World Rugby Classic Bermuda
Wenn im Spätherbst die Rugby-Meisterschaft stattfindet, sind alle dabei.
Wenn die Tage kürzer und die Temperaturen für Sportarten außerhalb des Wassers wieder erträglicher werden, freuen sich viele hier in Bermuda auf DIE alljährliche internationale Sportveranstaltung schlechthin: Das World Rugby Classic Bermuda. Steht hier die Rugby-Woche an, dann verbringen die meisten Ehefrauen ihre Abende ohne ihre Göttergatten zuhause. Manche finden aber auch Gefallen an dem rauferischen Sport oder genießen einfach nur die gute Stimmung des sozialen Events fernab vom Spielfeld in den mit Besuchern prall gefüllten Veranstalterzelten.
Mir, die ich wie die meisten Österreicher völlig ohne Rugby aufgewachsen bin, war diese Sportart ja nie wirklich ein Begriff. Gehört hatte man bzw. frau es schon mal irgendwo, aber mehr auch nicht. Doch nach etlichen Jahren auf der Insel erscheint selbst mir dieser Sport nicht mehr ganz so fremd, allerdings immer noch ziemlich befremdlich.
Rugby Union, wie es hier und auch weltweit am meisten gespielt wird, ist eine Mannschaftssportart, die sich zusammen mit Fußball in der Mitte des 19. Jahrhunderts in England entwickelt hat. Der Legende nach soll ein gewisser William Webb Ellis während eines Fußballspiels in der Rugby School, einer der ältesten und renommiertesten Privatschulen des Landes, knapp vor Spielende den Ball einfach in die Hand genommen, in das gegnerische Tor gelegt und somit Rugby erfunden haben. Jedenfalls lebt der Name des vermeintlichen Gründervaters des Rugby im Webb Ellis Cup weiter, wie die Siegertrophäe der Rugby-Union-Weltmeisterschaft genannt wird.
Neben Rugby Union mit 15 Spielern pro Mannschaft, die innerhalb von 80 Minuten versuchen, den elliptischen Rugby-Ball am Gegner vorbeizutragen und Punkte zu erzielen, gibt es die Rugby League und noch etliche abgewandelte Formen der Sportfamilie: American Football hat sich beispielsweise ebenfalls aus dieser englischen Sportart entwickelt. Im Gegensatz dazu ist harte Schutzkleidung beim Rugby nicht gestattet, ein Zahnschutz allerdings Pflicht.
Mir sind die Regeln all dieser Sportarten immer noch ein Mysterium. Wer sich aber dafür interessiert, kann sich gerne in den Weiten des www genauer darüber informieren. Eines kann ich aus meiner geringen Rugby-Zuschauererfahrung jedenfalls sagen: Ist ein Spieler im Ballbesitz, muss er jederzeit damit rechnen, unter einem Haufen ballwütiger erwachsener Männer zu verschwinden. Nachdem ich einige Verletzungen bereits gesehen habe, scheint mir die Sportart eindeutig zu körperkontaktfreudig zu sein, um meinen Sohn beim hiesigen Schulrugby anzumelden.
Ein Sprichwort in Großbritannien beschreibt den Sport folgendermaßen: Fußball ist eine von Raufbolden gespielte Gentleman-Sportart und Rugby ist eine von Gentlemen gespielte Raufbold-Sportart. Dazu kann ich aus Ermangelung ausreichender Rugbyspieler-Bekanntschaften nichts sagen. Traditionell gilt Rugby Union eher als eine Sportart der Oberschicht und wird vor allem in Teilen des britischen Commonwealth bzw. in Ländern der südlichen Erdhalbkugel gespielt.
So reisen bereits seit 1988 Teams aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Argentinien, den USA, Neuseeland, Australien, Kanada und Südafrika zur Weltmeisterschaft der Veteranen nach Bermuda. Die einstigen Weltklassespieler sind dabei alle über 35 Jahre alt, also lauter “olte Hosn”. Mithilfe unzähliger Ärzte, Physiotherapeuten und Masseure (natürlich alle auch in weiblicher Form) vor Ort wird versucht, die müden, alten Muskeln und Knochen der pensionierten Spieler weichzuklopfen, schnell fit zu kriegen oder im schlimmsten Fall eben wieder zusammenzuflicken. Das Rugby-Event ist für jeden, der sich das Geranggle anschauen möchte oder auch nicht, auf alle Fälle ein soziales Highlight am Sporthimmel Bermudas.
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