Osttiroler spielten und „lebten“ mit Forumtheater
Seit Beginn des Jahres arbeiteten Frauen und Männer am Thema "Sexuelle Belästigung".
Man kann ins Theater gehen, sich bequem hinsetzen und die Inszenierung genießen oder auch nicht. Oder man macht etwas anderes: Forumtheater. Vom Brasilianer Augusto Boal in den 1960er Jahren als Teil des "Theaters der Unterdrückten" entwickelt, nicht zuletzt um politische Themen zu bearbeiten und die Bevölkerung zu ermächtigen oder vielleicht sollte man besser sagen, um sie aufzuwecken, wird das Forumtheater heute vielfach angewandt, um Gesellschaftskonflikte zu bearbeiten und um die gesellschaftliche Situation zu verändern. In Osttirol hat es in letzter Zeit mehrfach Workshops und Aufführungen dazu gegeben, nicht zuletzt, weil es mit Armin Staffler von "spectACT – Verein für politisches und soziales Theater", einen Nordtiroler gibt, der nicht nur gerne in Osttirol arbeitet, sondern zu den besten Kennern des Forumtheaters im deutschsprachigen Raum gehört.
In den letzten Monaten hat er, in Kooperation mit der Katholischen Frauenbewegung, mit Frauen und Männern zu Theaterszenen rund um das Thema "Sexuelle Belästigung" gearbeitet. Im April war Premiere und am letzten Septemberwochenende gab es drei Aufführungen in Lienz und Sillian. Wer Schuldzuweisungen erwartet hatte, irrte sich. Es ging dem Team (darunter Organisatorin Petra Unterberger, Regieassistentin Johanna Huter und Regisseur Armin Staffler) eher darum, Sensibilität zu fördern: "Wir versuchen Wege zu finden, in denen Betroffene ihre Würde wiedererlangen oder behalten dürfen, nachdem eine Grenzüberschreitung stattgefunden hat. Das Theater bietet hier die Möglichkeit über konkrete Szenen, die frei erfunden sind, Anschauungsmaterial zur Bearbeitung in einem künstlerischen, kreativen und partizipativen Prozess zu liefern." Wie beim Forumtheater üblich, war das Publikum eingeladen, sich einzumischen, Vorschläge einzubringen und selbst zu agieren.
Theater wird so zum Prozess. Armin Staffler erkärt es: "Im Forumtheater wird das Publikum aktiv und ersetzt Figuren aus dem Stück, um Veränderungen sicht- und erlebbar werden zu lassen. Die insgesamt mehr als 70 Osttirolerinnen (hauptsächlich Frauen, aber auch ein 12-jähriger junger Mann) brachten an die 30 Vorschläge auf die Bühne, wie dem schwierigen Thema würdevoller begegnet werden könnte. Da wurde das Schweigen gebrochen, die Scham überwunden, Standhaftigkeit geübt sowie Empathie und Einsicht gezeigt."
Eine Zuschauerin formulierte es nach zwei Stunden interaktiver Theaterarbeit folgendermaßen: "So ein intensives Theatererlebnis, tiefgehend, lehrreich und gleichzeitig unterhaltsam, habe ich noch nie erlebt."
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