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Mit Leidenschaft das Pustertal bewirten

Der Verein "Culinaria Tirolensis" möchte grenzüberschreitend die regionale Gastronomie pflegen.

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"Culinaria Tirolensis", das sind v.l. Josef Mühlmann, André Cis, Chris Oberhammer und Markus Holzer Foto: Marco Leiter
Der Toblacher Sternekoch Chris Oberhammer hat sich "Einfachheit & Respekt" zum Motto gewählt. Beides lebt er in seinem Beruf aus. Sein Respekt gilt ganz besonders dem Pustertal. Der Besitzer des "Tilia" in Vintl hat letztes Jahr zum Hörer gegriffen, weil er nicht verstehen wollte, warum eine nicht mehr sichtbare Staatsgrenze in den Köpfen verankert bleibt und die Zusammenarbeit über das ganze Pustertal hinweg nach wie vor fast unmöglich macht. So lud er zwei Osttiroler zum von ihm gegründeten Gourmet Festival Hochpustertal ein. Das waren Josef Mühlmann vom Gannerhof in Innervillgraten und André Cis vom Panorama Hotel Cis in Kartitsch. Daraus ist der Verein "Culinaria Tirolensis" entstanden. Vierter Partner wurde der Innichner Markus Holzer, vom Jora Mountain Dining. Die vier Köche sind erfolgreich, haben einen guten Namen und können in ihrem Segment sicher existieren, ohne sich neue Arbeit aufhalsen zu müssen. Doch Oberhammer sagt klar: "Ginge es nur ums Geld, würden wir jetzt woanders stehen." Culinaria Tirolensis möchte mehr können, als wirtschaftlich erfolgreich sein. Der Verein wird, so drückt es André Cis aus, "ein Kreis von Gleichgesinnten" sein, der "die kulinarische Identität des Pustertales bewahren, mitentwickeln und nach außen tragen" soll. Die Produkte der Region sollen ebenso ins Rampenlicht gestellt werden, wie das Handwerk des Kochens, Kellnerns und alle weiteren Aspekte der Gastronomie.
Die vier Vereinsmitglieder verbindet neben der Leidenschaft für ihren Beruf der Sinn für das Tun, anstatt nur zu reden. Foto: Culinaris Tirolensis
Die vier Vereinsmitglieder verbindet neben der Leidenschaft für ihren Beruf der Sinn für das Tun, anstatt nur zu reden. Foto: Culinaris Tirolensis
"Es sind nicht zwei Länder, es ist nur ein Tal", so Oberhammer, und Markus Holzer nickt energisch. Einerseits sollen über den Verein kulinarische Veranstaltungen organisiert werden, wie am 16. Mai im Gannerhof, wenn Wirt Mühlmann sich zum Jazzen hinter das Schlagzeug setzt und die Vereinspartner in seiner Küche arbeiten werden, andererseits soll die Förderung des Nachwuchses im Mittelpunkt stehen. Zudem geht es darum, ein Bewusstsein zu schaffen, sowohl bei den Kunden als auch bei den Behörden. So kann Markus Holzer leidenschaftlich zornig werden, wenn er nicht einfach ein Lamm aus dem Villgratental kaufen und in sein Lokal nach Innichen bringen darf. Der Behördenweg dauert zu lang und macht das Lamm fast unerschwinglich teuer. André Cis sagt dazu lächelnd: "Wir sind durchwegs Sturköpfe." Dass gemeinsam Vieles möglich ist, davon ist auch Josef Mühlmann überzeugt und meint damit offensichtlich nicht nur die Behörden, sondern auch die mangelnde Kooperationsfreude mancher Wirte. Erfreut in die Runde blickend ergänzt er: "Es geht eben sehr wohl miteinander." Ein besonderes Anliegen ist den Wirten die Jugend. 85 Prozent Ausfallsquote gebe es nach der Ausbildung in manchen Hotelfachschulen, sobald die Gesellen im Betrieb stünden. Man werde theoretisch gebildet, doch was es bedeute, den ganzen Tag und dann auch noch in der Nacht im Betrieb zu stehen, das würde nicht vermittelt. Auch dass "der Beruf eine Berufung ist", wie Chris Oberhammer es formuliert, könne nur direkt bei der Arbeit vermittelt werden. Jeden Einzelnen bei der Hand zu nehmen, ist demnach das Ziel. Man wolle den Nachwuchs fördern, ein großes Netzwerk bieten, internationale Praktika vermitteln und damit zeigen, was in der Branche alles möglich ist. Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein.
Reinhard Lobenwein (WKO) sieht beim Verein drei wichtige Kriterien erfüllt: "innovativ, kooperativ und grenzüberschreitend". Foto: Marco Leiter
Reinhard Lobenwein (WKO) sieht beim Verein drei wichtige Kriterien erfüllt: "innovativ, kooperativ und grenzüberschreitend". Foto: Marco Leiter
WKO-Bezirksstellenleiter Reinhard Lobenwein bezeichnet sich und die Wirtschaftskammer als "die Hebamme" des Projekts. Er erwartet sich viel von den vier Akteuren und weist darauf hin, dass alles wohldurchdacht sei. So gibt es einerseits den Verein und andererseits die ARGE, eine wirtschaftliche Gemeinschaft, mit der die vier leichter miteinander geschäftlich agieren können, während der Verein sich nach außen richte, einzelne Produkte von Bauern und anderen fördern möchte sowie ein gelungenes Bild der Kulinarik des Pustertales vermitteln soll. "Es soll kein elitärer Klub sein", sagt André Cis, sondern man wolle "mit Leidenschaft gut Gemachtes präsentieren und zu 100 Prozent hinter dem Pustertal stehen". Das Gourmet Festival Hochpustertal, das im Oktober wieder stattfinden wird, soll institutionalisiert und auch dafür genützt werden, jungen Nachwuchsköchen die Chance zu bieten, ihr Können unter Beweis zu stellen. Der Verein ist offen für aktive Mitglieder, Förderer und Mitentwickler von Ideen. Man wolle allerdings lieber klein bleiben und wirklich etwas umsetzen, als nur zu reden, denn immerhin heiße es ja, viele Köcher verderben den Brei.
Daniela Ingruber stammt aus Lienz und arbeitet als Demokratie- und Kriegsforscherin am Institut für Strategieanalysen in Wien. 

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