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Ein Hauch österreichischer Vergangenheit

Das Südbahnheizhaus Lienz 1871 steht als Museum und Ausstellungsort zur Verfügung.

Züge, einzelne Waggons und vor allem Dampfloks haben auch im digitalen Zeitalter nichts an ihrer Faszination verloren. Bei der Einweihung des Heizhauses und der Ausstellung "Südbahnheizhaus Lienz 1871" zeigte sich das deutlich. Kinder turnten auf den Loks herum, Teenager untersuchten jedes Detail in den Waggons und die etwas älteren Besucher kehrten offensichtlich ein wenig in sich. Erinnerungen drängten sich beim Betrachten der alten Züge auf. Die erste Zugfahrt als Kind vielleicht, oder die erste Urlaubsreise. Dass die Eisenbahner Stadtkapelle Lienz nostalgische Melodien spielte, verstärkte den Eindruck. Dieser Stimmung konnten sich auch die einzelnen Redner nicht entziehen. Klaus Ladinig von den Eisenbahnerfreunden – neben Wolfgang Obernosterer einer der großen Befürworter des Projektes zur Erhaltung und Renovierung des Heizhauses –, führte durch die Einweihungsfeier und wies auf die einstige Bedeutung der Bahn für die Region hin. Die Bahnstrecke sollte Marburg und Franzensfeste miteinander verbinden. Die Staatsbeteiligung war im Jahr 1869 geklärt, sodass man noch im selben Jahr mit den Grundablöseverhandlungen beginnen konnte. Zwei Jahre später war die eingleisige Strecke fertig. Was heute fast undenkbar scheint, wurde damals wahr: Der Bau hatte zehn Monate weniger in Anspruch genommen, als man gerechnet hatte. Für Begeisterung sorgte die Bahn dazumal trotzdem nicht, wenn man den alten Dokumenten glaubt. Zunächst überwog die Skepsis. Dabei dürfte die Bahn sehr viel verändert haben. Es war der Einstieg in die Industrialisierung und in den Tourismus – wie die Redner einmütig feststellten. Bürgermeisterin Blanik stellte zu Beginn ihrer Rede fest, dass sie sich wie in einer Kathedrale fühle, "in einer Kathedrale der Industrie" und sie finde es besonders schön, dass mit dem "Ausstellungsstück" Halle zugleich auch ein Ausstellungsraum geschaffen worden sei. Tourismusverbandschef Franz Theurl lobte den Verein der Eisenbahnfreunde für den hohen Eigenmittelanteil, der gemeinsam mit den Geldern der Stadt Lienz, des Tourismusverbandes, der ÖBB und des Bundesdenkmalamtes 35 % ausmachte. Der Rest der Finanzierung setzte sich aus 32,5% EU-Geldern sowie je 16,25% Land und Landes-Gedächtnis-Stiftung zusammen. Insgesamt hat die Renovierung 450.000 Euro netto gekostet. Walter Hauser vom Landeskonservatorat für Tirol nahm ebenfalls auf die Kathedrale Bezug, allerdings als "Kathedrale des Geruchs, des Schweißes und der Arbeit" und lud das Publikum ein, sich auf diesen Geruch einzulassen und das Gebäude so zu erfahren. Nach den Dankesworten von LAbg. Martin Mayerl folgte Landesrätin Beate Palfrader, der es wichtig war, auch auf die "anderen Aspekte der Tiroler Eisenbahngeschichte hinzuweisen". Auf die Modernisierungsverlierer, auf die damalige Armut, die Teilung des Landes, die Kämpfe und dass die Eisenbahn sehr viel geändert habe, auch in Bezug auf die Einwanderung, denn damals seien sehr viele Familien als Gastarbeiter in die Region gezogen. Waren sie damals noch am Rande der Gesellschaft und blieben es für Jahrzehnte, stünden sie heute im Zentrum der Gesellschaft – daraus könne und solle man lernen. Sie schloss ihre Rede mit den Worten, dass ein Museum immer einen Bildungseffekt habe, woraufhin Ladinig zum Gang durch das Museum einlud. Dampflokomotiven, alte Waggons und Diesel- sowie E-Lokomotiven, ein 300 Jahre alter Löschwagen, zahlreiche Dokumente, Schilder und Fotos seit dem Beginn der Eisenbahngeschichte in Osttirol stehen in der ehemaligen Remise und laden zum Besuch ein. Das Museum und die Halle wurden in einer ökumenischen Zeremonie katholisch und evangelisch gesegnet. Slideshow: EXPA/Hans Groder
Daniela Ingruber stammt aus Lienz und arbeitet als Demokratie- und Kriegsforscherin am Institut für Strategieanalysen in Wien. 

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