Der große Tag des Virgener Opferwidders
Der Weg aus dem Stall bis in die Kirche von Obermauern.
Am 11. April, Weißsamstag, fand die diesjährige Prozession zur Wallfahrtskirche Maria Schnee statt. Ausgangspunkt waren wie immer Virgen und Prägraten, die sich jedes Jahr in der Aufzucht des Virgener Opferwidders abwechseln. In diesem Jahr, kurz nach Anerkennung dieses alten Virgener Brauchtums durch die UNESCO zum "Immateriellen Kulturerbe", war das Interesse besonders groß. Die Familie Mariner in Göriach-Marin hatte die Ehre, aber auch die Arbeit und die Verantwortung, den Widder zu halten. Drei Jahre lang haben Andreas Mariner und seine Familie den jungen Widder gepflegt und auf den besonderen Tag vorbereitet.
Noch ahnt der Steinschafwidder, der keinen Namen erhalten hat, nicht, was sich an diesem Apriltag in seinem Leben ändern wird. Schon am frühen Morgen beginnt das Abenteuer mit einer etwas archaisch anmutenden Körperpflege.
Nachdem der Widderhalter das Tier gereinigt hat und dabei offensichtlich auf wenig Gegeninteresse gestoßen ist, wird das Fell mit Kamm und Bürste gepflegt, bis es glänzt. Für den Star des Tages scheint das die angenehmere Prozedur zu sein. Seine Geduld wird mit viel Liebe und einem Lächeln seines Halters belohnt.
Mit der Fellpflege ist es aber noch nicht getan. Anschließend werden traditionell Blumenkränze und rote Bänder angelegt. Diese hat Klara Mariner mit ihren Kindern vorbereitet. Der Widder begibt sich schon in seine "Opferrolle" und lässt es über sich ergehen.
Kein Sonntagsspaziergang erwartet den Dreijährigen dann, sondern die Prozession nach Obermauern. Wie in einer Sternwanderung kommen die beiden Prozessionen aus den beiden Orten Virgen und Prägraten und treffen sich vor der Kirche Maria Schnee.
Vor der Kirche wird der Widder vom Pfarrer begrüßt, dann drei Mal um die Kirche geführt, ehe er auf die Weihung während der Messe wartet.
Geschmückt wie eine Braut, wird der Widder von Andreas Mariner in die Kirche geführt. Hier findet der religiöse Teil der Feier statt. Die Kirchenbesucher begleiten das Tier mit neugierigen Blicken, während es selbst schon ein wenig erschöpft von all dem Trubel wirkt. Doch der Tag ist noch lang.
Die Prozession, der mehrfache Gang um die Kirche sowie die Messe waren der besinnliche Teil des Tages, anschließend beginnt das volksfestartige Treiben. Vor der Kirche hat sich der Platz mit Interessierten gefüllt, die auf die Versteigerung des Opferwidders warten. Während früher der Meistbietende gewonnen hat, funktioniert die Vergabe heute durch Losentscheidung. Virgener Kinder betätigen sich als Glücksbringer und ziehen die Lose.
Das Los fällt heuer auf einen Prägratener Gewinner, der nicht selbst anwesend sein kann. Seine Schwester, Ida Weißkopf, nimmt den 130 kg schweren Gewinn vom stolzen Halter in Empfang. Was mit dem Tier geschehen wird, wurde noch nicht verraten. Möge sein aufregendes Leben noch lange dauern. In jedem Fall geht er als der erste UNESCO-Virgener Opferwidder in die Geschichte ein.
Ein DOLOMITENSTADT-Video über diesen besonderen Tag im Leben eines Virger Widders ist bereits in Arbeit!
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