Ist Lienz eine „radlerfreundliche“ Stadt?
Leser zweifeln und selbst die Bürgermeisterin sieht Handlungsbedarf.
Norbert Hopfgartner ist einer jener Dolomitenstadt-Leser, die trotz sommerlichen Schlechtwetters gelegentlich auf zwei Rädern durch die Stadt rollen und sich nicht ganz erklären können, warum das Stadtmarketing von radlerischen Heldentaten berichtet. Er schrieb uns vor zwei Wochen in einem Leserbrief:
"Wer der Stadt Lienz wann und wofür das Zeugnis 'radfahrfreundlich' ausgestellt hat, ist mir ebenso unbekannt wie schleierhaft." Nicht nur aus Hopfgartners Sicht wäre eher ein „Nichtgenügend“ samt Nachzipf für die Verantwortlichen angebracht: "Es fehlen rundum frisch gestrichene, ergänzende, 'gscheite' Radfahrstreifen (und nicht nur Radfahrstreifen), alles ist verblasst und nur mehr schemenhaft zu sehen, höchst irritierend und gefährlich", meint der radelnde Leser und verweist auf die "lebensgefährliche Bahnunterführung Amlacher Straße". Hopfgartner: "Es wird wohl etwas geschehen müssen, bevor etwas geschieht."
Um solche Beobachtungen auf ihren Realitätsgehalt zu testen, ist die Zeit um "Ferragosto" ideal und so haben wir uns in einem der seltenen regenfreien Momente vor einigen Tagen mit Fahrrad und Kamera bewaffnet an den Ort des Geschehens begeben. Die Bilder entstanden in einer halben Stunde ohne vorherige Absprache, völlig zufällig an einem Augustvormittag. Innerhalb weniger Minuten kam es zu drei, vier kritischen Situationen. Mit etwas Pech hätten sie auch schmerzhaft enden können.
Stadtmarketingchef Oskar Januschke wollte uns zu diesem Thema keine Auskunft geben, Stadtbaumeister Klaus Seirer war auf Urlaub, also haben wir Bürgermeisterin Elisabeth Blanik nach ihrer Einschätzung der Lage gefragt und folgende Antwort erhalten: "Die vielen Schäden durch den extremen Winter und die wechselnden Ausstellungen auf Schloss Bruck haben die Mitarbeiter des Wirtschaftshofes sehr gefordert, einiges an Arbeit musste deshalb liegen bleiben – dazu gehören auch die Markierungen, die aber schnellstmöglich erledigt werden." Womit die Schuldfrage geklärt wäre: die Kunstmaler auf Schloss Bruck haben verhindert, dass die Straßenmaler der Stadt zigtausenden Radlern Orientierung bieten.
Die kritische Situation an der Unterführung Amlacherstraße ist Blanik bewusst. Sie kann sich als "kleine Lösung" einen Kreisverkehr vorstellen, bringt aber auch ein seit Jahren unter Verschluss gehaltenes Großprojekt der ÖBB ins Spiel: die Umplanung und Neuordnung des gesamten Bahnhofsareals zwischen Drau und Bundesstraße.
Würde dieses Großprojekt umgesetzt, könnten die Radler vis à vis der evangelischen Kirche abbiegen und durch das ÖBB-Gelände vorbei am Heizhaus bis zum Bahnhof strampeln. Erst dort würden die Schienenstränge untertunnelt. "Das ist aber als langfristiges Projekt zu sehen", meint die Bürgermeisterin und setzt nach: "Schreibt´s bitte, dass eine Entflechtung des Verkehrs auf dem Bahnhofsvorplatz dringend notwendig ist. Es grenzt beinahe an ein Wunder, dass an dieser neuralgischen Stelle bis jetzt noch kein schwerer Unfall passiert ist."
Bleibt die Frage, ob nicht "Fahrrad-Lotsen" zumindest vor der Unterführung Amlacherstraße in der Hochsaison für etwas weniger Gefahrenpotenzial sorgen könnten? Blanik: "Das würde Sinn machen, die Haftungsfrage müsste aber noch geklärt werden."
Für unseren Leser Norbert Hopfgartner bedeutet das wohl, dass er sich bis zum nächsten Sommer gedulden muss und nur hoffen kann, dass die Mitarbeiter des Wirtschaftshofes nicht andernorts gebraucht werden. Er meint: "Man darf auch einmal höllisch grantig sein auf die Stadt, die man so sehr liebt!"
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8 Postings
Und was soll denn der Blödsinn, daß unterhalb des Bahnhofes die Radspur innen und die Fußgängerspur außen, also auf der Straßenseite ist?
Zum Bericht „Ist Lienz eine radlerfreundliche Stadt?“, möchte ich als Obmann des Umweltausschusses wie folgt Stellung nehmen:
Meiner Meinung nach haben die Menschen ein Recht zu erfahren, was hinter den Kulissen passiert. Seit Jahren werden im Umweltausschuss intensive Bemühungen zur Verbesserung der Fahrradsituation in Lienz angestellt, doch an der Umsetzung haperts gewaltig. Anscheinend ist das Thema nicht wichtig genug.
Mir persönlich ist der Radverkehr in Lienz eine Herzensangelegenheit. Ich verstehe die Emotion und Sorge von Norbert Hopfgartner und vieler anderer. Meinungen, die aus der Bevölkerung kommen schätze ich sehr. Menschen die Tag täglich mit dem Rad unterwegs sind, wissen was Sache ist und wo der Schuh drückt. Vor Jahren hat der VCÖ Lienz zur fahrradfreundlichsten Stadt Tirols erklärt. Maßgebend für diese Auszeichnung war allerdings nicht die vorhandene Infrastruktur, sondern die Tatsache, dass Lienz Jahr ein Jahr aus über zigtausende RadfahrerInnen verfügt.
Im letzten Jahr wurde mit der Mobilitätsanalyse begonnen. Nicht nur der motorisierte Verkehr, sondern insbesondere auch der Radverkehr soll dabei unter die Lupe genommen werden. Fragebögen sind im letzten Jahr an die Bevölkerung ausgeschickt worden und es hat viele sinnvolle Hinweise auf Schwachstellen gegeben.
Zeitgleich wurde der Umweltausschuss beauftragt sich erneut mit dem Thema Radverkehr in Lienz auseinanderzusetzen. Unter Beteiligung der Universität für Bodenkultur (BOKU), soll es nun bald Maßnahmenvorschläge für eine verbesserte Radverkehrsinfrastruktur geben. Nach Besichtigung der neuralgischen Zonen hat im Feber 2014 die BOKU einen Vorentwurf auf den Tisch gelegt. Ziel ist nicht die Erarbeitung eines neuen Radverkehrskonzeptes, sondern bestehende Konzepte (wie jenes aus dem Jahre 2005) im Lichte aktueller Entwicklungen zu überarbeiten.
Der Entwurf wurde intensiv im Umweltausschuss durchgearbeitet und diskutiert. Einstimmig wurden 21 Punkte beschlossen, die zu wenig oder gar nicht im Entwurfsvorschlag der BOKU vorgekommen sind. Dazu gibt es eine Power-Punkt-Präsentation mit über 200 Folien, auf denen die 21 Maßnahmenvorschläge visuell mittels unzähliger Fotos dargestellt sind. Erreicht wurde, dass die Vorschläge in den Endbericht eingearbeitet werden. Dieser soll voraussichtlich im Herbst vorliegen.
Wer möchte kann gerne in den Vorentwurf der BOKU als auch in die Power-Point-Präsentation Einsicht nehmen. Bin für alle Vorschläge offen. Interessierte mögen sich bitte bei mir melden - DANKE !
Gemeinderat Andreas HOFER
@anton2009, . Das mit dem Geiger-Gangl habe ich schon oft angeprangert, auch der BM geschrieben, leider interessiert das KEINEN. Dasselbe IN der Stadt. Warum ist es nicht möglich, die Fussgängerzone zu dem zu machen, was der Name sagt. Die Touristen haben leicht Zeit zum Gehen, die "Eingeborenen" werden wohl auch imstande sein einige Meter zu fuss zu gehen. Wenn man als FUSSGÄNGER unterwegs ist, fühlt man sich des Lebens nicht sicher. Man wird durch div. Radfahrer-Signale erschreckt und teilweise angeböbelt, wenn man nicht sofort auf die Seite springt. Aber das alles ist der Frau BM schnurz. Sie rühmt sich nur, wenn sie zwei weise Striche an der Bahnhofkreuzung anschafft.
Man muss ihr zugute halten, dass das schon eine grosse Leistung ist.
Ich fahre auch beruflich und privat viele mit dem Rad, aber es muss bei uns Lienzern angefangen werden!! Als Fußgänger muss man eigentlich schon die Fahrbahn nutzen weil man am GEHWEG nicht mehr sicher ist Ein Beispiel: Wenn man am Gehsteig von der Raika Tristach in Richtung Lienz geht, kommen aus der Seewandstrasse die Radfahrer entgegen, und man muss als Fußgänger ausweichen weil sie zu faul sind an der Einmündung stehen zu bleiben und die Tristacherstrasse zubenutzen!! Also, fangen wir bei uns an, bevor wir die anderen kritisieren!
Ich bin begeisterter Radfahrer und erledige meine Wege in der Stadt immer mit dem Fahrrad! Gerade die Unterführung Amlacherstraße benütze ich mehrmals täglich. Die vielen Italiener verursachen dort täglich ein Chaos. Leider habe ich den ganzen Sommer lang noch nie einen Polizisten dort angetroffen, der evtl. ordnend eingreifen würde. Das Schild "Bahnhof - Stazione" ist viel zu klein!
Was mich besonders stört: Beim "Geiger-Gangl" (ist ja Gehsteig) hält es kaum jemand für notwendig, abzusteigen! Auch hier habe ich noch nie einen Polizisten gesehen!
Es kommt ganz darauf an, womit man Lienz vergleicht...
Gemessen an anderen österreichischen Städten bemühen wir uns - schon alleine wegen des Drauradweges und des damit verbundenen Touristenansturms - schon um die Radfahrer. Super für uns Einheimische finde ich z.B. den Steg, der vom Gilmweg auf die Lastenstraße führt, so kommt man schnell und sicher von der Südtiroler-Siedlung in die Stadt. Aber wo queren? Die Kreuzungen sind ja auch nicht Radfahr-freundlich, besonders wenn die für die Räder vorgesehenen Bereiche von Autos blockiert sind. Manches ist schon vom Platz her nicht möglich (z.B. Radfahrstreifen in allen Straßen), manches braucht halt noch Zeit. Die Unterführung befahre ich aber auch immer mit einem mulmigen Gefühl, wie das zu lösen ist (außer durch Fangnetze, Krallen, die die Reifen kaputt stechen oder Radfahr-Lotsen :)) kann ich mir auch nicht vorstellen, zumal ja nicht alle gleich zu Bahnhof wollen.
Wenn man Lienz aber z.B. mit Holland vergleicht (wo ich heuer im Urlaub geradelt bin), dann besteht schon viel Nachholbedarf. Da gibt es sogar im Kreisverkehr Radwege, an jeder Ampel eine Radfahrampel und auf die Radfahrer wird überall Rücksicht genommen. Die Radwege müssen dort gar nicht mit Bodenmarkierungen ausgezeichnet werden, man erkennt sie an der roten Farbe (ich denke da ist ein Granulat im Asphalt).
Zumindest bei Straßen-Neu- oder Umplanungen oder neuen Gehsteigen sollte man solche Radwege gleich mitplanen, vielleicht entwickelt sich so nach und nach ein gutes Radwegenetz nicht nur für Touristen, sondern auch für die Lienzer.
Ich bin Radfahrerin und Autofahrerin. Sitz ich am Rad ärgere ich mich über die Autofahrer, sitz ich im Auto ärgere ich mich über die Radfahrer. Neben besseren Markierungen usw. für Radfahrer fehlt es wohl auch an Disziplin. Radfahrer, die mitten in der Straße fahren, und Autofahrer, die Radfahrer "einfach übersehen" - alles vorhanden. Und der Bahnhofsvorplatz ist für alle Verkehrsteilnehmer lebensgefährlich, da gibts meist ein fröhliches Durcheinander von Autos, Fahrrädern und Fußgängern ...
Interessant,jetzt produziert Blanik unter Ausschluss der Òffentlichkeit Projekte fùr die Schublade.Dabei wùrde das Bahnhofprojekt sicher viele interessieren. Die Feststellung,dass dort die Situation problematisch ist nichts Neues.Von der Bùrgermeisterin der Stadt erwartet man mehr als dass sie wiederholt was eh jeder sieht,nämlich Lòsungen oder zumindest ein Angehen der Probleme. Stattdessen scheint eine Ùberforderung mit der tàglichen Organisation vorzuliegen wenn Strassen und Radwege statt wie bisher im Frùhjahr im August oder gar nicht bemalt werden.
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