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Sechs Osttiroler Gemeinden mit 100% Verschuldung

Licht und Schatten beim Detailblick auf die Schuldenstatistik des Landes.

Am 30. Juli veröffentlichte das Amt der Tiroler Landesregierung die Detailzahlen zur "Finanzlage der Tiroler Gemeinden" für das Jahr 2013. Wir haben aus dem mehr als 120 Seiten starken Bericht jene Abschnitte herauskopiert, die aus Osttiroler Sicht spannend sind. Dabei gliedern wir das Zahlenwerk in drei Bereiche: 1) Die Einnahmen – Industrie bringt´s Was spült Geld in die Gemeindekassen? Industrie und größere Gewerbebetriebe lautet hier die schön aus der Tabelle zu lesende Antwort (einfach auf den Link am Ende des Absatzes klicken). Je mehr Arbeitsplätze es in einer Gemeinde gibt, desto höher sind die Kommunalsteuer-Einnahmen, der wichtigste Faktor auf dem Habenkonto einer Gemeinde. Da in großen Gemeinden meist mehr Firmen angesiedelt sind als in kleinen, ist eine Zahl besonders interessant: die Kommunalsteuer je Einwohner. Unschlagbar ist hier Abfaltersbach. 866 Einwohner hat die Oberland-Gemeinde, fast 500.000 Euro flossen 2013 als Kommunalsteuer in die Kasse. Das sind 757 Euro pro Kopf. Der Grund: HELLA. Abfaltersbach beherbergt als kleines Dorf eine große Firma, die viele Leute beschäftigt und verhältnismäßig gut bezahlt. Gut schneidet hier auch Heinfels ab, Heimat von EGO und Loacker, mit 510 Euro Kommunalsteuer pro Kopf. Lavant schafft sogar 520 Euro, Lienz 468 Euro. Die Dolomitenstadt beherbergt weitaus die meisten Betriebe und freute sich deshalb über 5,5 Millionen an Kommunalsteuer im Jahr 2013. Zum Vergleich: Untertilliach kassiert nur 7 Euro Kommunalsteuer pro Kopf, Schlaiten 12 Euro, Prägraten 42 Euro. Es fehlen Betriebe mit vielen Beschäftigten. Abgaben und Ertragsanteile 2) Die Abgaben – Die Stadt zahlt am meisten "Transferzahlungen" sind Gelder, die von den Gemeinden an das Land abgeliefert werden müssen. Zwar kommt dieses Geld über diverse Leistungen wieder zurück, aber nicht 1: 1 sondern neu verteilt. Mindestsicherung, Behindertenhilfe, Jugend- und Kinderbetreuung, Gesundheitsfond, Krankenhaus – für all das zahlen die Gemeinden, meist gekoppelt an einen Bevölkerungsschlüssel. Die Stadt Lienz ist mit fast sieben Millionen Euro größter Zahler, nicht nur in absoluten Werten, sondern auch relativ. 588 Euro pro Kopf leistet Lienz an Transferzahlungen. Am günstigsten kommt mit 319 Euro/Kopf Untertilliach davon. Transferzahlungen 3) Die Schulden – sechs Hunderprozentige  Iselsberg, Kartitsch, Obertilliach, Schlaiten, St. Veit und Untertilliach hatten im Jahr 2013 einen Verschuldungsgrad von 100%. Das bedeutet, einfach ausgedrückt, diese Gemeinden müssen laufend mehr Geld zurückzahlen als sie erwirtschaften. Nikolsdorf folgt mit 77% in dieser Negativstatistik, Matrei kommt auf 74% Verschuldungsgrad. Am oberen Ende der Tabelle glänzt Abfaltersbach mit nur 16%. Warum wurde bereits im ersten Abschnitt erklärt. Die kleine Gemeinde hat auch eine sprudelnde Einnahmenquelle. Auch Amlach kann mit dem Spitzenwert 16% auftrumpfen, gut liegen zudem Tristach, Thurn, Strassen, Leisach und die Stadt Lienz, die 32% Verschuldungsgrad vorweisen kann. Lienz hat zudem – wie die Tabelle zeigt – auch noch 5,4 Millionen Euro an Rücklagen. Immer gut für eine Diskussion in Zusammenhang mit Schulden ist die von Andreas Köll in Alleinregierung geführte Gemeinde Matrei. Für die Tauerngemeinde werden in der Landesstatistik 22.287.283 Millionen Euro Schulden ausgewiesen. Dazu kommen 15.077.874 Euro an Haftungen. Rücklagen gibt es keine. Jeder Matreier vom Baby bis zum Greis muss 4.701 Euro an Schulden und 3.180 Euro an Haftungen tragen. Belastungen auf Girokonten sind hier noch nicht verbucht. Lienzer sind nicht einmal mit einem Zehntel dieser Summe belastet. Noch schwerer wiegt die Last allerdings in Kals. Dort kommen auf jeden Einwohner 7.631 Euro an Schulden und 2.085 Euro an Haftungen. Schuldenstand Osttiroler Gemeinden Die Karte zeigt auf einen Blick, wo in Osttirol die "Problemzonen" liegen. Anklicken und vergrößern.
Alarmstufe rot – für acht Gemeinden gilt das, doch auch in der orangen Zone ist keine Entspannung angesagt.
Alarmstufe rot – für acht Gemeinden gilt das, doch auch in der orangen Zone ist keine Entspannung angesagt.
Gerhard Pirkner ist Herausgeber und Chefredakteur von „Dolomitenstadt“. Der promovierte Politologe und Kommunikationswissenschafter arbeitete Jahrzehnte als Kommunikationsberater in Salzburg, Wien und München, bevor er mit seiner Familie im Jahr 2000 nach Lienz zurückkehrte und dort 2010 „Dolomitenstadt“ ins Leben rief.

8 Postings

karli8
vor 10 Jahren

@le corbusier: die Gemeinde Lesachtal existiert bereits...

http://de.wikipedia.org/wiki/Lesachtal

aber prinzipiell eine gute idee, nur wenn man am beispiel steiermark sieht wieviel widerstand eine solche maßnahme mit sich bringt werden die osttiroler politiker ziemlich sicher davon absehen....

 
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le corbusier
vor 10 Jahren

ich glaub das manche gemeinden keinen weg aus der hohen verschuldung finden werden, daher sollte man endlich offen über gemeinde zusammenlegungen diskutieren. iselsberg zu dölsach, schlaiten zu ainet und eine gemeinde lesachtal.

 
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Senf
vor 10 Jahren

atomsix, ich geb dir recht, natürlich beruht die haftung auf vorwegnahmen für größere investitionen, darunter vermutlich auch die beiden gemeindekraftwerke. auslagern ist das zauberwort! was mich freut, ist deine zustimmung für geldlukrierungen aus talschaftsverträgen. allerdings: wär das draukraftwerk in privater hand, gäbe es wahrscheinlich keinen talschaftsvertrag, so wie bei den rund 100 kleinwasserkraftwerken in osttirol, die auf kosten und auch zu lasten der anwohner satte gewinne abwerfen. diese thematik hast du in deinem posting negiert, eigentlich schade, zu gern hätt ich dein/ein statement dazu gehört. . inzwischen weiss ich auch, dass kals seit jahren keine einnahmen aus dem tiwag-kraftwerk lukriert und das frühestens in 30 jahren wieder verhandlungsthema sein kann. bis dorthin fließt der eingesparte ertrag wohl woanders hin. . mir ist schon klar, dass vergleiche mit anderen gemeinden nicht objektiv wären. zu unterschiedlich sind die wirtschaftlichen strukturen und rahmenbedingungen. der meinung von bluba kann ich nicht ganz folgen. matrei als einer der zentralen wirtschaftsstandorte osttirols steht laut statistik doch etwas besser da, als immer wieder kolportiert wird. überrascht bin ich von virgen, weil man von dort immer wieder hört, dass die gemeindeeigenen aufgaben ohne ein zusätzliches kraftwerk nicht mehr bewältigbar erscheinen. ich resultiere: wie wird es wohl dem südlichen roten fleck osttirols mit den drei gemeinden in naher zukunft ergehen? bergsteigerdörfer, windkraftwerke, großskiraum innichen/sillian ...?

 
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atomsix
vor 10 Jahren

@ senf Die Statistiken sind tatsächlich sehr interessant. Allerdings muss ich dir in Sachen Gemeindefinanzen im Zusammenhang mit vorhandenen Kraftwerken im Gemeindegebiet widersprechen. Die Gemeinde Kals weist für eine 1200 Seelen-Gemeinde zwar einen exorbitanten Schuldenstand in Höhe von rund 10 Mio Euro auf. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Trotzdem schafft es die Gemeinde auf einen Verschuldungsgrad von ca. 70 % bzw. auch darunter (Vorjahr). EIn Hauptgrund dafür sind fortdauernde Einnahmen in Höhe von über 3 Mio, die ansonsten nur kommunalsteuerreiche Gemeinden mit fast doppelt so vielen Einwohnern (z.B. Dölsach oder Assling) erzielen. Diese hohen Einnahmen resultieren auch aus den gemeindeeigenen Kraftwerken. Wenn man bedenkt, dass ein Kleinkraftwerk mit 7 GWh-Jahreserzeugung, wie das Lesachbachkraftwerk der Gemeinde, heutzutage kaum unter 5 Mio Euro realisiert werden kann, erscheinen die 10 Mio Schulden in einem ganz anderen Licht.

Weiters fällt auf, dass alle Pustertaler Gemeinden von Strassen bis hinunter nach Amlach allesamt gar nicht mal so schlecht dastehen. Ein Grund dafür sind die jährlichen Entschädigungen aus dem Talvertrag, die je nach Gemeinde bis zu 100000 Euro betragen. Viel Geld für die teils sehr kleinen Gemeinden, das jede Menge zusätzlichen finanziellen Spielraum bringt.

 
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Senf
vor 10 Jahren

interessante statistik, gut erläutert. kals weist also den höchsten schuldenstand mit höchsten haftunge pro einwohner auf. ist schon etwas eigenartig, wenn man weiss, dass dort sechs wasserraftwerke strom ins öffentliche netz liefern. zwei gemeindeigene und eines von der tiwag. in virgen, prägraten, st. jakob, hopfgarten st. johann und sogar in matrei gibt es wasserkraftwerke, in nussdorf, asslig, sillian, ainet und amlach ebenfalls und trotzdem mangelt es hier überall an einnahmen, wei man sieht. . es gab politisch einmal einen versuch, von kleinwasserkraftwerkbetreibern eigene gemeindesteuern einzuheben. das ist kläglich gescheitert. warum wohl? . wer ein kleinwasserkraftwerk betreibt, sollte nicht nur gewinne einstreifen, sondern auch der gemeinde in der er es betreibt, etwas abliefern. so wie man es von der landesgesellschaft in form von talschaftsverträgen immer fordert und diese abgaben gerne auch nimmt (zillertal, matrei ...). für mich interessant, dass bei kleinwasserkraftwerke niemand von "unmessbaren schäden", redet, die dort die betroffene bevölkerung nach dieser logik ja haben müssten. . wer kleinwasserkraftwerke also zur überlebensfrage einer gemeinde macht, sollte sich schleunigst im glocknerdorf umsehen, oder liegt die miesliche lage dort tatsächlich an der aberkennung des alpenvereinsprädikates "bergsteigerdorf", weil dort ein etwas größeres hotel errichtet wurde? hm.

 
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Gerhard Pirkner
vor 10 Jahren

@spitzeFeder - danke für den Hinweis. Ich hab nachgeforscht. Die gute Nachricht: die Karte ist richtig und mittlerweile auch die Tabelle, die offenbar jetzt nachgebessert wurde. Es sind sechs und nicht acht Gemeinden.

 
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blubla
vor 10 Jahren

In Matrei sollte längst mal das Land eingreifen... das kann es wohl nicht sein

 
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spitzeFeder
vor 10 Jahren

Irgendwie stimmen die Zahlen Karte/Tabelle nicht überein. Auf der abgebildeten Karte sind offensichtlich "nur" 6 Gemeinden mit Verschuldungsgrad 100% eingezeichnet. Was stimmt jetzt: Die Tabelle oder die Karte?

 
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