Hat Osttirol die geringste Lebensqualität?
Der Bezirk Lienz ist Österreichs Schlusslicht. Sagt der "Trend".
Immobilienpreise, Einkommen, Arbeitslosigkeit, Sonnenstunden, Kriminalität, Kindergarten-Öffnungszeiten, Ärzteversorgung, Lebenserwartung – das sind nur acht von 16 Kriterien, nach denen das Wirtschaftsmagazin "trend" in seiner aktuellen Ausgabe die "Lebensqualität" in allen 117 österreichischen Bezirken untersuchte. Um es vorweg zu nehmen: Osttirol belegt Platz 117 – ist nach diesem Ranking also Schlusslicht, trotz zweithöchster Lebenserwartung.
Ganz ernst zu nehmen ist die Bewertung zwar nicht, Parameter wie die Feinstaubbelastung dürften in Virgen etwas anders ausfallen als auf der Amlacherkreuzung in Lienz und weltweit diskutieren Forscher die Messgrößen für Lebensqualität.
Legt man die Latte allerdings sehr wirtschaftslastig – wie das Wirtschaftsmagazine eben tun – dann kommt bei der schnöden Berechnung des Notendurchschnitts fast ein "Vierer" heraus, 3,81 Punkte nach dem Schulnotensystem, also ein "Genügend" oder – wie Zyniker sagen könnten – zum Leben genug zum Sterben zuviel. Wer sich verbessern will, könnte demnach zum Beispiel nach Hermagor auswandern (Rang 89) oder nach Kufstein (Rang 40). Und die höchste Lebensqualität überhaupt hat man laut "Trend" im Schatten des Stephansdomes. Platz 1 geht nämlich an den ersten Wiener Gemeindebezirk.
Stattliche 51.396 Euro Jahresbruttoeinkommen im Schnitt haben jene Menschen, die sich das Wohnen in Wiens Zentrum leisten können. Ihre Kaufkraft ist doppelt so hoch wie jene des Durchschnittsösterreichers. Auf jeden Einwohner kommen "im Ersten" acht Arbeitsplätze und fünf Studienplätze. 422 Ärzte je 10.000 Einwohner weist die trockene Statistik aus, einen Arzt pro 24 Bewohner. Bei etwas Gedränge (wie in Osttiroler Augenarztpraxen) fänden also alle Wiener Innenstadtler gleichzeitig in den Wartezimmern ihrer Ärzte Platz.
All das könnten gelernte Osttiroler ja noch verkraften. Aber dass die "Sonnenstadt" bei den Sonnenstunden nicht einmal unter den Top 20 liegt und auch hier von der Bundeshauptstadt buchstäblich in den Schatten gestellt wird, das schmerzt schon sehr. Generell stellt sich zudem die Frage, ob die höchste Zahl an Autobahnanschlüssen direkt proportional zur Lebensqualität gesehen werden kann. Über diese und andere Spitzfindigkeiten darf im Sommerloch gerne diskutiert werden. Hier sind die Links:
Gesamtranking
Top 20 in allen Kategorien
4 Postings
Jaja, wenn man Äpfel und Birnen vergleicht wird in seltenen Fällen eine Banane draus. :-)
Zwar nur ein Detail am Rande, aber bei Sonnenstunden zählen dürfte sich der Trend gehörig verschätzt haben... Nachzulesen in der Klimadatenbank der ZAMG: http://www.zamg.ac.at/fix/klima/oe71-00/klima2000/klimadaten_oesterreich_1971_frame1.htm Mittlere Sonnenstunden in Lienz (1971-2000) - 1952 Stunden/Jahr Neusiedel am See - 1905 Stunden/Jahr
Lebensqualität mit Geldverdienen und Autobahnanschluss gleichzusetzen - ein starkes Stück. Aber was will man von einer Wirtschaftszeitung eigentlich anderes erwarten. Osttiroler können vieles ohne Geldausgabe genießen, man kann eigentlich alles von Schilanglauf, Wandern, Radfahren usw. gleich in Natur pur erleben, ohne - teure und zeitraubende - Anfahrtswege, abends nach der Arbeit zB oder am Wochenende. Und dass die Luftqualität im Großteil Osttirols weit besser ist als in Wien und anderen größeren Städten, und es mehr Sonne gibt (der heurige Sommer allerdings vergisst das :-), auch in Herbst und Winter, und Osttiroler überhaupt gesünder leben (ein Wiener Arzt hat mir erstaunt gesagt, dass es bei uns wenig wirklich dicke Leute gibt - im Unterschied zu Wien) - das ist nicht Lebensqualität?
Wer Osttirol eine schlechte Lebensqualität ausweist, ist noch nicht weit herum gekommen. Wir leben im Paradies, egal wie Osttirol bewertet wird. Man muss nur Augen und Ohren aufmachen.
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