Wollte man nicht oder konnte man nicht?
Öffentliche Diskussionen zu Natura 2000 – Landesregierung verlässt sich auf TT.
Am Mittwoch, 23. April, veranstaltete die größte Tageszeitung des Landes eine Diskussionsrunde zum Thema "Natura 2000: Zukunftschance oder Einbahnstraße". Der Saal in der Wirtschaftskammer war voll gefüllt mit interessierten Menschen – nur die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden vermisste man in einer spannenden und teilweise emotional geführten Debatte. Als junger Journalist war die Lust, meine Gedanken über die Veranstaltung auszudrücken und niederzuschreiben groß.
Deshalb stellte ich auch folgende Frage an Ingrid Felipe und Hermann Kuenz, den Vertretern der beiden Koalitionsparteien Grüne und ÖVP: "Mein Name ist Michael Egger und ich arbeite bei einem Online-Medium als Redakteur. Die Debatte über Natura 2000 läuft schon lange – die Vertreter der Koalitonsparteien verwenden dabei immer die Floskel 'Ja, aber wir müssen mit den Betroffenen und der Bevölkerung reden'. Hermann Kuenz erwähnte am Anfang der Diskussion, er sei froh, dass dieses TT-Forum heute stattfinde. Wäre es nicht eigentlich Aufgabe der Tiroler Landesregierung, eine öffentliche Diskussion zu veranstalten – wollte man nicht oder konnte man nicht?"
In ihrem Abschlussstatement ging Felipe auch auf meine Frage ein: "Wir haben deshalb noch keine Info-Offensive gestartet, weil wir uns ein Konzept für das überlegt haben. Das Ganze wird in Osttirol im Mai starten, wo es auch um die Einbindung der Interessensvertreter und der Bevölkerung vor Ort geht. Es wurde im vergangenen Jahr wahnsinnig viel über Natura 2000 diskutiert – die Bürgermeister in Osttirol sind mittlerweile Gewässerökologen und kennen sich wunderbar mit der genetischen Abstammung von deutschen Tamarisken aus." Die Landeshauptfrau-Stellvertreterin kritisierte im selben Atemzug auch die Tiefe der medialen Berichterstattung. "Ich werde im nächsten halben Jahre einige Male in Osttirol unterwegs sein und mit guten fachlichen Argumenten dafür kämpfen, dass wir unserer Verantwortung gerecht werden", erklärte Felipe. Die TT war laut Landeshauptfrau-Stellvertreterin zwei Wochen zu schnell, denn in zwei Wochen sollte der erste runde Tisch zu Natura 2000 stattfinden. Auf innovative Art und Weise.
Man war also zu langsam. Aber hätte man nicht schon vor einem Jahr den ersten runden Tisch mit freiem, öffentlichen Zugang ansetzen können? "Da fehlten noch wichtige Informationen", so das Argument der Landeshauptfrau-Stellvertreterin. Wäre dann also eine Diskussion total ins Leere gegangen, oder hätte sie sich doch als eine wichtige Säule der Natura 2000 Nominierung entwickelt? Eine Frage, die offen bleibt – nicht die Einzige des Abends. Felipe will das so schnell wie möglich ändern. Mit Hilfe einer Osttiroler Kommunikationsagentur.
2 Postings
Danke, iseline! Man könnte die Situation nicht besser darstellen!
Der engagierte, junge Redakteur hat recht!
Natürlich wäre eine sachliche Informationsarbeit zu Natura 2000 schon längst fällig gewesen, denn das Thema ist wirklich nicht frisch vom Himmel gefallen. Die Landwirtschaftskammer mit ihrer guten Infrastruktur hat nicht nichts dazu getan, bringt aber interessanterweise jetzt genug Energie auf, um eine Petition für mehr Info aufzulegen, statt sie einfach zu organisieren. Es gab auch keine Initiative des Tourismusverbandes, des Planungsverbandes mit den betroffenen Gemeinden und keine von der Regierungskoaltion ÖVP und Grüne. Die Antwort von I. Felipe dazu war deshalb mehr als billig, so wie manch anderes auch. Denn wer nun genau an der Gebietsabgrenzung - das zentrale Thema - wirklich mitreden wird, wollte die Landesrätin nicht konkret beantworten. Man kann aber annehmen, dass kräftig daran gearbeitet wird, zumindest die Zubringerbäche und die obere Isel aus der Nominierungspflicht heraus zu halten, auch wenn die EU die Isel mit Zubringer genannt haben will.
Ing. H. Kuenz präsentierte sich an diesem Abend als Analyst des Nationalparkes (zuwenig effizient) und als Forderer von Aufklärungsarbeit zum Natura 2000 Status. Wenn man nicht wüßte, dass der Landtagsabgeordnete selbst an den Schalthebeln der Macht sitzt (Landtagsmandat, stv. Klubobmann, VP-Finanzsprecher, Agrarklubobmann) würde man meinen, es handle sich um einen einfachen Bürger, der sich mit diesem Thema noch nie befasst hat. Politische Verantwortung für die Rahmenbedingungen, zu denen sicher eine zeitgerechte Information zählt, war nicht zu spüren.
Wie die absolut nötige Aufklärung zu diesem Thema in kurzer Zeit dann wirklich vor sich gehen wird, bleibt spannend. Diesmal soll die bevorzugte Kommunikationsagentur des Landes in Sachen Kraftwerke, SVWP (sie kreierte für das Kraftwerk Obere Isel den Iselrat, Iselforen, die Iselrente....) nicht auf die Bürger angesetzt werden. Ob eine Osttiroler Kommunikationagentur das besser kann?
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