Bilder aus dem Land der Wiederkäuer
Eine idyllische, tiefverschneite Landschaft. Nichts als Ruhe.
Der Bauer - sein Gesicht von tiefen Furchen durchzogen - hinter dem warmen Ofen in der Stube, die Bäuerin selbstversunken bei der Näharbeit. Ein langer, kalter Winter neigt sich dem Ende zu. Nach Wochen der Einsamkeit und Abgeschiedenheit wird der Weg ins Tal endlich wieder frei. Kein Strom, kein Auto, keine Errungenschaften der Moderne sind zu sehen.
Nein, kein Heimatfilm aus den 1960er Jahren. Die Szenen aus der Dokumentation „Tirol – Leben im Bergland“ von Curt Faudon aus dem Jahre 2001 zeigen das Villgratental und andere Täler, wie sie von vielen gern gesehen werden: Orte, an denen die Ursprünglichkeit erlebbar ist, abseits von Alltag und Hektik. Bauern, die als Selbstversorger so quasi alles haben, was sie zum Leben brauchen. Ein Leben in der Natur und mit der Natur und in dieser Form fast eine aussterbende Spezies, die nicht minder schützenswert ist als Deutsche Tamarisken und letzte frei fließende Gletscherflüsse.
Diesem Bild gegenüber steht eine hoch technisierte Landwirtschaft mit für die Berggebiete entwickelten Spezialmaschinen für nahezu alle Arbeitsfelder, auf Leistung getrimmte Kühe, die mit höherem Mitteleinsatz ihren Kolleginnen in Gunstlagen um nichts nachstehen. Berghöfe, die mit Einkommen aus außerlandwirtschaftlichem Zu- und Nebenerwerb erweitert und ausgebaut werden. Bäuerliche Familien, die nur deshalb noch am Hof leben, weil diese Möglichkeiten des Zuverdienstes bestmöglich ausgeschöpft werden können.
Dazu mag auch die Direktvermarktung zählen, auf die Gesamtheit der Osttiroler Betriebe ist diese aber verschwindend gering. Solange das Einkommen im erlernten und ausgeübten Beruf höher und vor allem sicherer ist als jenes aus der Landwirtschaft, wird es kaum Anreiz geben, sich auf das Risiko des Marktes einzulassen und Lebensmittel zu produzieren, deren gerechtfertigten Preis niemand bereit ist, wirklich zu zahlen. Es nützen all die Bekenntnisse zu den regionalen Lebensmitteln nichts, wenn diese schlussendlich nicht im Einkaufskorb landen – und das regelmäßig und langfristig.
Natürlich versprechen einige alternative Konzepte zur in Osttirol vorwiegenden Viehwirtschaft höhere Einkommen. Mancherorts kann der Anbau von Obst und Beeren durchaus gewinnbringend sein. Eher wird man aber im Villgraten- oder hinteren Virgental in Zukunft Bären jagen als Beeren pflücken. Will man die Bewirtschaftung der steilen Bergwiesen auch weiterhin aufrechthalten, bleibt Osttirol ein Land der Wiederkäuer.
Der Strukturwandel in der Osttiroler Landwirtschaft wird weiter fortschreiten. Das muss nicht immer negativ gesehen werden. Einige Betriebe werden größer und intensiver wirtschaften, andere werden ihre kleine Betriebsgröße auch weiterhin für Zuerwerbsmöglichkeiten nutzen können. Und einige Höfe werden für immer zusperren. Im Augenblick wird letzteres bedauert, auf längere Zeit vielleicht genauso schnell wieder vergessen.
Schlussendlich holt sich die Natur wieder das, was ihr gehört. Ein großer Natur- und Wildpark Osttirol.
Vielleicht auch eine Alternative.
2 Postings
Genau diese Ursprünglichkeit könnte die Chance für Osttirol werden,sanfter Tourismus, auch die ständig steigende Nachfrage nach nachhaltig produzierten Lebensmitteln wird immer größer,Produkte aus landwirtschaftlichen Betrieben die auf Qualität produzieren und nicht auf Quantität.Es gibt Bauern die die Landwirtschaft gerne betreiben und diesen Arbeitsplatz mit Stolz, Idealismus und innovativen Ideen der modernen Zeit anpassen. Aber solange es für Osttirol kein ernstzunehmendes Werbekonzept gibt und sich Geschichten zutragen wie diese: Ein Deutscher will nach Osttirol auf Urlaub fahren , fragt im Reisebüro nach Prospekten über Osttirol, die antworten darauf- wir haben nur Prospekte vom "echten Tirol" !, solange bleiben wir Wiederkäuer, Wiederkäuer unserer Jammerei !
Ein Land der Ursprünglichkeit, wo es noch Bauern gibt, die (teilweise) von der Landwirtschaft Leben wollen oder können. Ein Land, wo noch nicht alles zubetoniert ist, und wo die wilden Wasser noch frei fließen dürfen. Ein Land, wo es noch ruhige Plätze gibt. Ein Land, wo es noch Wildnis gibt. Ein Land, wo es einen Nationalpark gibt, in dem der Bartgeier fliegt, und wo sich Beutegreifer - wie Bär und Wolf - wieder ansiedeln. Ein Land, in dem ich gerne lebe. Das Land meiner Sehnsucht - Osttirol.
Wir wollen sonst in allen Bereichen Schutz haben - Versicherungsschutz, Datenschutz, Arbeitsschutz ...
Ich sehe auch den Naturschutz positiv. Die Zeit ist reif für Natura 2000.
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