Der Lechweg als Modell für die Isel?
Eine Anregung von Dolomitenstadt-Leserin Anna Maria Kerber.
In der Presse findet man derzeit immer wieder positive Meldungen zum Lechweg, der seit zwei Jahren beworben wird. Der Tourismus ist im Aufwind, die Nächtigungszahlen steigen, Investitionen wie die längste Fußgängerhängebrücke Österreichs erweisen sich als Besuchermagnet und bereits fünf große Reiseveranstalter bewerben die Route. Der Lechweg ist einer der vier besten Weitwanderwege Österreichs und erhielt jüngst den Preis „Tirol Touristica“.
Das war für meinen Mann und mich Grund genug, uns für einen Abstecher ins Lechtal zu entscheiden und mit einem Besuch bei unseren Verwandten zu verbinden. Wir fahren also zuerst nach Holzgau und suchen nach dem Lechweg-Partnergasthaus und weil nur mehr wenige Zimmer frei sind, greifen wir gleich zu.
Die junge Wirtin erklärt uns, dass das Haus seinen Schwerpunkt auf Regionalität setzt. Wir können uns davon gleich beim Frühstück überzeugen, da gibt´s Brot vom Dorfbäcker, Käse von der kleinen Sennerei Steeg, Butter von der Region. Gleich danach treffen wir uns mit Cousin Fritz und seiner Frau Michaela. Sie besitzen eine kleine Landwirtschaft in Hägerau, angrenzend an den Lech, und nehmen sich heute Zeit. Mitten durch den Ort geht es jetzt überraschenderweise nicht lechwärts, sondern bergwärts.
Ich frage nach, warum der Weg nicht ausschließlich am Bach entlang führt. Das hat seinen Grund, man wolle die Besucher auch durch das Dorf lenken und sie über den Umweg Hängebrücke und Simms-Wasserfall wieder zum Lech leiten. Dieses Prinzip, das ganze Tal in den Weg mit einzubeziehen, betrifft den ganzen Lechweg. Die Hoteliers haben mehr Gäste, ebenso die Privatzimmervermieter, die kleinen Geschäfte vor Ort werden genutzt bis hin zum Bäcker, zum Tischler, die dank vermehrter Investitionen mehr Aufträge erhalten. So bringe der Lechweg allen etwas, meint Fritz.
Insgesamt gibt es überdies ein großes Angebot an Vorträgen über Pflanzen, Tiere, die besondere Geologie und natürlich Exkursionen am Fluss, aber auch Informationen zum Thema Kräuter, Handwerk bis hin zu Kunst, die in einer Festwoche in Höfen ihren Höhepunkt findet. Die Werbung ist gut, Prospekte liegen überall auf und mit dem Wanderbus kann sogar das Gepäck von Etappe zu Etappe – von Lech am Arlberg bis nach Füssen dauert es acht Tage, um die 125 km Weg zu bewältigen – transportiert werden. Zusätzlich verläuft neben dem Lechweg ein Radweg – im Winter eine Langlaufloipe – und wer die Höhe sucht, unternimmt zwischendurch einen Ausflug zum Höhenweg der Lechtaler Alpen.
Unsere zwei Wanderführer schätzen den Lechweg und mich interessiert, ob die Mehrheit der Bevölkerung das auch so sieht. Nein, nein, so einfach sei das nicht gewesen, jetzt allerdings gäbe es eine breite Zustimmung. Als das Reuttener E-Werk den Hauptzubringer des Lech, den Streimbach, ausleiten wollte, gab es große Konflikte – und auch später als die ÖBB die Quellbäche des Lech wasserwirtschaftlich nutzen wollten. Gott sei Dank gab es Bürgerinitiativen und viele andere Gruppierungen, z. B. auch „Bluatschink“ alias Toni Knittel – inzwischen mit dem Naturschutzpreis 2013 ausgezeichnet - und Pfarrer Baumgartner von Steeg, die im nachhinein betrachtet, „erfolgreich lästig“ waren.
Anfangs gab es auch viel Misstrauen für den Status Natura 2000, meint Michaela. Natura 2000 ist aber nur ein Teil des Projektes und der Finanzierungsquelle Lechweg, weil sich die Gemeinden, das Land, die Einrichtung Naturpark Tiroler Lech und andere angrenzende Naturschutzgebiete mitbeteiligten und eine gemeinsame Entwicklungsstrategie verfolgten. Michaela und Fritz erzählen begeistert vom Lechweg und das steckt an.
Trotzdem schleicht sich bei mir ein Stück Traurigkeit ein, wenn ich an unsere Isel denke. Auch wir hätten alles: einen einzigartigen Gletscherfluss, kreative und motivierte Leute, angefangen von Wanderführern, Kräuterkundigen, Künstlern, Raftingunternehmen bis hin zu Vermietern, die wirklich mehr Gäste vertragen könnten.
Ja, wenn es die Pläne für die Ausleitung der Isel nicht gäbe. Wieder einmal mehr wünsche ich mir, dass man sich auch bei uns für eine sanfte Art der Nutzung der Isel entscheidet, denn diese Form ist nicht nur umwelt- und ressourcenschonend, sondern sie rechnet sich auch. Denn wie Andrea Pichler von Eurotours richtig sagt: „Der Tourismus ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig auf eine intakte Natur angewiesen“. Die Lechtaler könnten dabei ein gutes Vorbild sein.
Anna Maria Kerber
Fotos in diesem Beitrag: Verein Werbegemeinschaft Lech-Wege
Link zur Lebenswelt rund um den Lechweg.
9 Postings
wolf_c du hast recht – es kann sich keiner mehr erinnern wieviel Wasser früher (ohne Kraftwerk) die Drau herunterfloss. Paddeln ist jetzt lediglich bei Schneeschmelze möglich! Der Kajakbewerb für den "Dolomitenmann" ist nur durch eine "Wasserspende" der "Tiwag" möglich. Touristisch gesehen ist die Drau im Hochsommer zum Rinnsal dekradiert! Der "Lechweg" ist ein tolles Projekt – ich bin aber gegen eine Kopie – es könnte auch ein Mountainbike-Panoramaweg sein! Oberdrum-Alkus-Gwabl-Unter/Oberleibnig-Unterpeischlag-Feld usw. Ein starkes Profil bekommen heisst: unterscheide dich deutlich von anderen und entwickle deine eigenen "wahrhaftigen" Stärken. Mit Naturzerstörung sägen wir an unserem eigenen Ast. Der Wasserreichtum ist unsere Stärke. Kitzbühel, Arberg & Cortina können da nicht mithalten!
Ein Iselraum wie er ist, bringt mehr Arbeitsplätze wie ein Kraftwerk, man müsste halt Tourismus wollen ... Ein Umdenken, von 'Vordenken' will ich gar nicht reden bei soviel 'Nachdenken' der Herren Bürgermeister und Landtagsabgeordneten wäre halt Bedingung dafür ... Ein Kajakfahren oder Wassersport, gibt es Fischer noch?, ist auf der Drau im Pustertal nicht mehr möglich ... Ein 'Vogel-' oder gar 'Naturparadies' bedarf eines Kraftwerkes nicht, jenes im Drautal, nicht fern - oder doch? - von Osttirol, ist ganz von selbst und ganz ohne Kraftwerk sogar unter Mithilfe der Bauern und Bürgermeister entstanden ...
naja aber warum sollten den kajak fahren mit kraftwerk nicht möglich sein... kann mir nicht vorstellen das am kraftwerksort in virgen genau die kajaker am häufigsten unterwegs sind...
@ La Ola Kanuschule: keine Frage ist das ein touristischer Bestandteil wie auch das Raften usw. usw. aber ist das als Kernangebot anzusehen ? Ich denke im Gegensatz zu Wanderern, Langläufern und Skifahrern sind die ISEL-Wassersportler doch oder noch ein bisserl in der Minderheit ;-)
@tauernwind: psst, Geheimtipp;-) Kajak-Kurs auf der Isel mit der La Ola Kanuschule:-)
@Detektor: unterstelle mir nicht, daß ich die Isel nicht schätze. Ich habe mich in keinem Wort negativ über die Isel geäußert, also bitte das nächste mal besser lesen!
Was ich meine ist lediglich, daß es im Bezirk (gleich wie im Land und im Bund) Gruppierungen gibt die prinzipiell gegen alles sind was von der Gegengruppe kommt und da entstehen eben die interessantesten Projektideen.
Trotzdem Danke, du hast mir mit deinen Zeilen den Tag gerettet, selten so gelacht....
Gäste unterstützen alles wenn es ihnen von den Vermietern richtig aufbereitet und am besten gleich am Frühstückstisch präsentiert wird, bin überzeugt das auch du ein fleißiger Sammler warst bzw. das gleich in deren Namen ausgefüllt hast :-P
Erkläre mir aber bitte in wie fern die Isel jetzt schon ein Kernangebot des Tourismus darstellt, würde nämlich gerne den nächsten Gästen die mich fragen was im Iseltal zu erleben ist einen Tip geben.
@tauernwind
Mehr ist von einem „Tauernwind“ auch nicht zu erwarten: kalt und überflüssig.
Was „in 20 Jahren aus der Isel geworden ist“ – eine überflüssige Frage, da die Isel nicht erst etwas werden muss, sondern schon etwas ist und bleiben wird: ein ganz besonderer Fluss, jetzt schon für viele Osttiroler ein wesentliches Stück Identität unseres Bezirkes, das man nicht missen will.
Übrigens: Bereits jetzt stellt die Isel ein Kernangebot des Tourismus dar – man sehe sich nur die Stimmen all jener Gäste an, die sich auf der Website der Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk Virgental zu Wort melden (http://kraftwerk-virgental.at/Unterstuetzung/Unterzeichnen).
zu Tauernwind: b) wäre so wichtig für Osttirol! Das ist der Weg der Zukunft. Die Menschen wollen "entschleunigen". Unsere Touristiker sollten besser zusammen arbeiten, ein ständiger Wechsel an der Spitze des TVBO schadet!
Das große Interesse an der Isel bzw. dem Schutz derer ist wohl nur den Kraftwerksplänen zu verdanken. Ich bin gespannt was in 20 Jahren aus der Isel geworden ist.
a - ein Fluss mit Kraftwerk b - eine touristisches Projekt wie der Lechweg c - gar nichts
Ich vermute c, denn sobald die Kraftwerkspläne vom Tisch sind interessiert das Thema keinen Menschen (vor allem keinen Geldgeber) mehr, daß ist wohl unter Angebot und Nachfrage einzustufen :-P
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