Ich glaube, man muss sich Gehör verschaffen
Ein Interview mit Liora Brunner, Tirols bester junger "Spontanrednerin".
Die 17-jährige Lienzer Gymnasiastin Liora Brunner hat in der Tiroler Landesausscheidung des Jugend-Redewettbewerbs die Kategorie "Spontanrede" gewonnen und reist Ende Mai zum Bundesfinale nach Wien. Wir haben sie – ganz spontan – zu einem Interview eingeladen:
Hallo Liora, erzähl uns ein wenig, wie so ein Redewettbwerb abläuft?
Ein Redewettbewerb läuft ja in mehreren Stufen ab, zuerst im Bezirk, dann auf Landesebene und zum Schluss der Bundeswettbewerb. Die besten Rhetoriker qualifizieren sich immer für die nächste Runde. In Innsbruck war´s dann so, dass man sich am frühen Vormittag traf, der ganze Ablauf besprochen wurde und dann nach und nach jede Kategorie abgehandelt wurde.
Du bist in der Kategorie „Spontanrede“ angetreten. Warum genau diese Kategorie?
Ich weiß nicht, mir lag das schon immer. Ich könnte zum Beispiel nie eine klassische Rede halten, weil man die ja schon zu Hause vorbereitet und dann nur noch präsentiert. Ich hingegen liebe es, meine Rede zwar kurz durchzudenken, aber noch was dazuzusagen, wenn mir während meiner Rede auf der Bühne noch was einfällt.
Wie lange hast du Zeit, dich auf dein Thema vorzubereiten?
Fünf Minuten vor dem Auftritt bekommt man das Thema. Die Überkategorie kann man sich selber aussuchen und dann zieht man dazu zwei Themen aus einem Topf. Ich hab mich für das Thema „Fühlt sich die Jugend in der Gesellschaft ernst genommen?“ entschieden.
Und wie lang musst du dann sprechen?
Die Rede sollte zwischen zwei und vier Minuten lang sein. Außerdem muss man im Anschluss daran drei Fragen der Jury zum Thema beantworten.
Was war dein Statement? Fühlst du dich als Jugendliche ernst genommen?
In vielen Situationen werden Jugendliche nicht ganz ernstgenommen, kommt mir vor. Zum Beispiel in der Schule, wenn man mal viel zu tun hat und dem Lehrer sagt, „Entschuldigung, die Hausübung ist sich nicht mehr ausgegangen!“, wird man oft nur belächelt. Auch störend finde ich, dass Eltern manchmal bestimmend und entmündigend handeln, weil sie meinen, nur weil sie älter sind, sind sie automatisch klüger.
Was unternimmst du, um nicht entmündigt zu werden?
Ich glaube, man muss sich Gehör verschaffen. Immer nur im Hintergrund zu bleiben, bringt einen nicht weiter. Man muss schon an die Öffentlichkeit mit seiner Meinung. Dafür find' ich solche Sachen wie den Redewettbewerb perfekt.
Fühlst du dich manchmal benachteiligt?
Hin und wieder schon im Alltag, ja. Oft hör' ich zum Beispiel den Spruch: „Du bist ja erst 17, was wirst du schon wissen?“ Das stört mich, aber ich glaube für manche Erwachsenen ist dieser Spruch das letzte Argument, wenn sie sich durch die Intelligenz und das Selbstvertrauen junger Leute bedroht fühlen.
Der Landeswettbewerb fand ja im Sillpark in aller Öffentlichkeit statt und war ganz gut besucht. Wie bist du mit der Nervosität umgegangen?
Das war echt schlimm! Die ganzen Einkaufsbummler – und manche Kandidaten hatten ganze Klassen, die sie anfeuerten. Ich war sehr nervös. Ich war sogar kurz davor abzusagen wegen meiner Nervosität. Normalerweise gebe ich ja nicht so schnell auf, aber in dem Moment hab ich echt schwer überlegt. Aber dann hab ich mir gedacht, ich zieh das jetzt durch. Und wenn man dann mal oben steht und redet, blendet man die ganze Kulisse eh aus.
Wie bist du dazu gekommen, beim Redewettbewerb mitzumachen?
Die Initiative hat eigentlich meine Hauptschullehrerin ergriffen. Sie hat erkannt, dass ich gerne rede und mich auch sprachlich recht gut ausdrücken kann. So hab ich in der 4. Hauptschule schon das erste Mal beim Bezirkswettbewerb mitgemacht und es hat mir richtig Spaß gemacht.
Was ist während deiner Rede die größte Herausforderung für dich?
Für mich ist es sehr schwer, langsam zu reden, weil ich einfach sehr gerne und viel rede. Deswegen ist es für mich auch schwer, ein wenig das Tempo rauszunehmen. Ich schreib mir zwar auf meinen Stichwortzettel „Langsam reden“, allerdings gestaltet sich die Umsetzung ein wenig schwierig.
Sind deine Eltern eigentlich froh darüber, dass du so redegewandt bist oder gehst du ihnen damit eher auf die Nerven?
Naja, immer rede ich nicht so viel (lacht). Aber ich glaub, ich bin meinen Eltern ziemlich ähnlich, denn sie reden auch recht gerne. Aber die eine oder andere Lehrerin war bei den Schulausflügen ein wenig überfordert, weil ich soviel plapperte.
Wurde dein Sprachtalent in deiner Kindheit besonders gefördert?
Besonders gefördert nicht, aber meine Familie legt viel Wert darauf, dass man sich gut ausdrücken kann. Außerdem hab ich sehr viel gelesen, mach ich immer noch, was sicher dabei hilft, dass man sprachlich gewandter wird.
Du besuchst gerade die 7. Schulstufe im Gymnasium. Möchtest du danach beruflich etwas machen, wo dir dein Sprachtalent von Nutzen ist?
Naja, ich glaube Redegewandtheit schadet in keinem Beruf. Wahrscheinlich werde ich Medizin studieren, da ist mein Talent sicher von Vorteil.
In deiner Freizeit bist du ein wenig politisch engagiert. Die geringe Wahlbeteiligung ist in den Medien derzeit ein großes Thema. Wie ist deine Meinung dazu?
Ich finde es erschreckend, dass so wenig Leute, besonders junge Leute wählen gehen. Ich glaube, oft fehlt einfach die Information. Wenn man junge Leute zum Beispiel in der Schule durch politische Bildung informieren würde, wäre das meiner Meinung nach schon ein großer Schritt in die richtige Richtung. Obwohl ich auch glaube, dass es kein Problem wäre, sich Informationen selber zu besorgen, denn fast jeder hat heute ein Handy und Internet.
Fällt es dir leicht, deine Meinung in der Öffentlichkeit zu vertreten?
Ich habe kein Problem, meine Meinung anderen mitzuteilen. Allerdings muss man darauf achten, wo und wie man sein Statement anbringt. Manchmal ist es vielleicht auch besser zu schweigen. Wer schweigt, stimmt ja nicht automatisch den anderen zu, sondern denkt sich manchmal einfach seinen Teil. Störend finde ich nur, dass man als politisch engagierter Mensch gleich abgestempelt und in eine Schublade gesteckt wird, obwohl man vielleicht eine eigene Meinung hat.
Ende Mai findet in Wien der Bundesredewettbewerb statt. Als Landessiegerin bist du dafür qualifiziert. Freust du dich darauf?
Ja, ich freue mich schon sehr. Es ist sicher eine gewaltige Erfahrung, da ja dort echt nur mehr die Besten der Besten teilnehmen. Ein wenig einschüchternd ist das schon auch. Aber ich fahr mit dem olympischen Motto hin „Dabei sein ist alles“. Dann wird das mit dem Lampenfieber schon klappen.
4 Postings
Danke für die vielen Gratulationen! :-) @30055 Auf jeden Fall! Wäre ich zu Hauptschulzeiten nicht so gefördert worden, ganz speziell im Deutschunterricht, hätte ich wohl nie erkannt, was man aus Begeisterung zur Sprache, zum Reden, alles machen kann. Es ist toll, dass es so engagierte LehrerInnen und Direktoren (wie eben in der NMS Nord) gibt, mit so viel Gespür für die Begabungen ihrer Schützlinge. Meine Hauptschulzeit hat mich sehr geprägt und ich blicke immer wieder gerne auf diese Zeit zurück!
Gratulation, gelernt hat sie es in der NMS Nord. Bereits damals konnte Sie Erfolge verbuchen.
Gratuliere ! und lass dir deine Meinung nicht verbieten.
Reden konnte sie ja schon immer, die Liora - Gratulation :-)
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