Osttirodler: Lienz schießt 500.000 Euro nach
Kostenexplosion von 2,27 auf 3,44 Mio Euro hat sich längst abgezeichnet.
Gut zwei Stunden diskutierte am 3. Mai der Lienzer Gemeinderat über Gründe und Ursachen der exorbitanten Kostenüberschreitung beim Bau der Ganzjahresrodelbahn "Osttirodler". Statt wie budgetiert 2,27 Mio Euro kostet das mehr als zwei Kilometer lange Drahtgerüst samt Schlitten 3,44 Mio Euro.
Weil die Bergbahnen diesen Kostenanstieg nicht aus eigener Kraft bewältigen können, wurde die Stadt Lienz als Hauptaktionär gebeten, um eine halbe Million Euro Aktien zu zeichnen, zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate.
Offenbar wusste der Aufsichtsrat der Bergbahnen bis zum Februar dieses Jahres nichts von der Verteuerung um ein glattes Drittel. Der Lienzer Bauingenieur Michael Greiderer, der die flankierenden Baumeisterarbeiten, aber nicht den Bahnbau selbst zu beaufsichtigen hatte, übernahm die Aufgabe, Licht ins Dunkel der Zahlen zu bringen. Und leistete ganze Arbeit. Penibel listete Greiderer vor 21 betroffen wirkenden Mandataren auf, wie die 1,2 Millionen-Lücke entstand.
Hätte man gewollt, dann hätte man´s gewusst
Ebenso erstaunlich wie die lange Liste der Mehrkostenverursacher war die von Greiderer klar nachgewiesene Tatsache, dass der Großteil der verteuernden Faktoren bei näherer Betrachtung schon vor Baubeginn bekannt, aber nicht publik waren. Statt der ursprünglichen Coastervariante wurde eine Luxusausführung bestellt, um 200.000 Euro teurer, der "Speicherkreisel" am Start wurde gebaut, aber ebensowenig budgetiert wie viele Planungs- und Projektierunghonorare.
350.000 Euro kosteten allein die Fundamentierungs- und Grabungsarbeiten, vorwiegend im Bereich der Talstation, als wenig einsichtige Vorleistung für ein angeblich geplantes Hotelprojekt. Greiderer: "Man hat den Lift eingegraben. Ich weiß bis heute nicht, warum." Budgetiert waren diese Leistungen ursprünglich gar nicht, später mit einem Bruchteil der Endsumme.
Eindeutig markantester Kostentreiber war aber die Schlussabrechnung des Coaster-Lieferanten selbst. Der Rodelbahnbauer Wiegand verrechnete zwar Drahtgestell und Schlitten wie angeboten. Für die Montage des Werkels gab es aber nur eine Schätzung (!) beruhend auf der Annahme, dass man für den Aufbau ca. 30-40% des Wertes der Anlage kalkulieren müsse. Geworden sind es 62%, statt 200.000 Euro satte 538.000 Euro. Ausgerechnet dieser zentrale Auftrag wurde ohne verbindlichen KV auf Regie vergeben, also nach Arbeitsstunden abgerechnet.
Da mit Ausnahme dieses großen Postens für alle anderen Leistungen letztlich auch Angebote vorlagen, sei eigentlich schon vor Baubeginn das Volumen klar gewesen, erklärte Michael Greiderer: "Wir haben vor Baubeginn Angebote von 2,5 Mio Euro ohne Montage auf dem Tisch gehabt. Das hätte sich jeder ausrechnen können."
Dennoch nannte der mittlerweile nach Nordtirol übersiedelte Geschäftsführer Andreas Kleinlercher im November 2010 vor dem Gemeinderat andere Zahlen obwohl er gewusst haben muss, dass die 3-Millionen-Grenze längst überschritten war.
Klares Fazit des Bauingenieurs Michael Greiderer: "Der Bauherr, die Lienzer Bergbahnen vertreten durch DI Andreas Kleinlercher und deren beauftragte Projektleitung, DI Bauleitung vom Büro Klenkhart & Partner haben es verabsäumt, eine seriöse Gesamtkostenaufstellung für das gegenständliche Bauvorhaben vor Baubeginn durchzuführen. … Wie sich die Kostenentwicklung darstellt, hat diese bereits vor Baubeginn einen Investitionsbetrag von ca. 3,1 Mio netto erfordert."
Aufsichtsrat uninformiert, Gemeinderat entsetzt
"Wieviel Kleinlercher wann gewusst hat, das kann ich nicht beantworten", erklärte im Abschluss Peter Zinell, seit 1995 Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bergbahnen AG und wider Erwarten doch anwesend, begleitet von Neo-Vorstand Klaus Hofstätter. Der Aufsichtsrat sei erst Anfang Februar informiert worden.
Er fordere schon länger Kostenwahrheit auf dem Hochstein und habe 2009 auch gegen den "Osttirodler" gestimmt, unterstrich Zinell, der mehrmals an den Gemeinderat appellierte, die halbe Million nachzuschießen: "Ohne diese Aktienzeichnung gibt es sicher Liquiditätsprobleme, um es vorsichtig zu formulieren."
Den Gemeinderäten war unabhängig von der Parteifarbe der Ernst der Lage anzusehen. In einer regen Debatte wurde zwar auch politisches Kleingeld gewechselt, über den Ernst der Lage und die daraus resultierende Verantwortung war man sich aber einig. Reinhard Tiefenbacher (VP), selbst als Bergbahnen-Aufsichtsrat und TVB-Lienz-Obmann immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik, sprach von "Wahnsinn", zeigte sich "erschüttert" und ortete "faule Ausreden" bei den Verantwortlichen.
Von einem "Tag der offenen Worte" sprach Bürgermeisterin Elisabeth Blanik, die "diese Schublade lieber nie geöffnet hätte". Blanik ließ allerdings keine Zweifel aufkommen, dass die Bergbahnen zwar Liquiditätsprobleme hätten, aber keineswegs insolvenzgefährdet seien: "Wir haben gesunde Bergbahnen."
Bei der finalen Abstimmung wurde die Aktienzeichnung mit den elf Stimmen der ÖVP beschlossen.
9 Postings
Unsummen werden locker gemacht, Nordschule egal... Hauptsache ist Rodeln Uuups, so viel kostet die Bahn Jetzt, pfui
Hat der Gemeinderat auch mögliche persönliche Haftungen, etwa des Vorstandes der Bergbahnen AG diskutiert oder war das alles doch durch den Aufsichtsrat abgesegnet?
Erhellendes dazu liefert das Akteingesetz und das Bürgerliche Recht.
Vorstandsmitglieder von AG gelten als Sachverständige im Sinne de § 1299 ABGB. Die Haftung von Vorstandsmitgliedern für Schäden infolge pflichtwidriger Amtsführung richten sich v.a. nach § 84 AktG und § 70 AktienG sowie nach den Regeln des allgemeinen Schadenersatzrechts. Jedes Mitglied des Vorstandes haftet zunächst der AG selbst für den ihr zugefügten Schaden. Der AG gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht. Ein billigender Beschluss des Aufsichtsrates schließt die Ersatzpflicht allerdings nicht aus.
Details siehe Thiele, ecolex 09/2002, Seite 20ff, abrufbar unter www.eurolawyer.at/pdf/vorstand.pdf.
Bei so einem Millionenprojekt sind doch bestimmt nicht nur zwei, drei Personen verantwortlich? Haben die anderen bei den Sitzungen geschlafen? Hätten sie das Hallenbad endlich mal erneuert, dann wären bis jetzt sicher schon mehr Einnahmen herein gekommen und man müsste nicht in andere Erlebnisbäder wie z:B. Innichen ausweichen.
Es ist schon erstaunlich dass Hr. Zinell erst im Feber vom Winterschlaf erwacht ist. Er weiß nichts! Was macht er im Aufsichtsrat? Er war auch jahrelang im Aufsichtsrat des TVB - gleichzeitig beí den Bergbahnen. Das allein ist schon skandalös. Und Tiefenbacher, der große Nutznießer der Hochstein-Verschandelung weiß auch nichts!!! Jagen wir diese Nichts-Wisser endlich zum Teufel. Andere wichtige Vorhaben (Hallenbad, Jugendzentrum, Hauptschule Nord ...) werden auf die lange Bank geschoben! Fremdes Geld gibt man halt sehr locker aus!
wer ist verantwortlich und wo ist die konsequenz für die personen die es produziert haben.
wenn ein geschäftsführer (wie schon der name sagt - die geschäfte führt) nicht einmal bei der sitzung ist - zeigt es schon was gespielt wird.
also der verantwortliche soll zur konsequenz gezogen werden.
hr. zinell: "ich habe bis februar nichts gewusst" ist es dass, was man sich von einem aufsichtsratsvorsitzenden (!) erwartet? dass er bei einem 3 millionen projekt bis zum schluss die kosten nicht kennt? tiefenbacher ist sicherlich einer der hauptverantwortlichen, dass dieses ungustiöse, absolut überteuerte und die kulturlandschaft zerstörende monster den hochstein gänzlich entstellt hat; aber: auch er hat nichts gewusst...oder eben nach osttriodler manier: die anderen waren schuld... und zum schluss wird die stadt erpresst und zahlen müssen es die bürger(!), die sich dann anhören dürfen, dass es für weit sinnvollere projekte kein geld mehr gibt.
und was meint ex bürgermeister holt er das geld aus dem CASINO oder Lotto
Was Kollege Tiefenbacher übersieht: Er ist einer der Verantwortlichen, im Gemeinderat wie auch im TVB - Kleinlercher alleine den bösen Buben sein zu lassen, lässt wahre Größe vermuten. Und darauf zurückschließen, wie ernst die Pflichten als Aufsichtsrat genommen werden - egal ob im TVB, in der Gemeinde, bei den Bergbahnen. Entweder es fehlt der Wille oder die Fähigkeit, vielleicht sogar beides. Mängel, die einen sofortigen Rückzug nahe legen, bevor noch mehr Schaden angerichtet wird.
Mittlerweile leider in Ö Realität. Mit dem Geld der Steuerzahler wird leichtfertig umgegangen und wie immer gibt es niemanden der die Verantwortung übernimmt.
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