WARUM – Kunstaktion von Felix Tschurtschenthaler …
… beschrieben von Helga Tschurtschenthaler und passend zum Herz-Jesu-Fest.
Eingebettet in die Sextner Sonnenuhr, dem schlechten Wetter trotzend, startet Felix Tschurtschenthaler eine Kunstaktion in der Tourismushochburg Sexten. Das Datum, 28. Juni 2014, ist geschichtsträchtig: Zum einen ist es der 30. Todestag des in Sexten geborenen Historikers und Journalisten Claus Gatterer*. Zum anderen jährt sich das Attentat von Sarajevo zum hundertsten Mal. Und schließlich wird das Herz-Jesu-Fest gefeiert, an dem die Tiroler grenzüberschreitend eines jahrhundertealten Schwures auf die Treue zu ihrem Vaterland gedenken.
Im schönen Dorf mit den bösen Leuten, im Sexten Himmel also, gibt es nicht nur zwei Talseiten, die einander gegenüberstehen und an Kontrasten nicht reicher sein könnten: die österreichisch-italienische Staatsgrenze auf der einen und die Sprachgrenze zwischen Deutsch und Italienisch auf der anderen Seite. Im Dorf Sexten, perché tutto il mondo è paese, stehen sich auch Meinungen, Haltungen, Werte und Zukunftsvisionen gegenüber. Da treffen Vertreter des Massentourismus auf bergidyllische Naturromantiker, da bekriegen sich Liftbefürworter und Liftgegner, da tummeln sich ewig Gestrige und hartnäckig Morgige, standhaft Gläubige und unerschütterlich Zweifelnde, Denkende, Nicht-Denkende und Anders-Denkende. Die soziale Plastik umfasst außerdem den Konflikt zwischen den Kleinen und den Großen, den unscheinbaren Randgruppen und den offensichtlich Mächtigen, den stets Konformen und den unbeirrt Kritischen. So ein Dorf ist ein Mikrokosmos der Gesellschaft.
Felix Tschurtschenthaler stellt ein brennendes Fragezeichen mitten ins Herz der Sextner Berge und fragt „WARUM“. Er hält der Gesellschaft einen Spiegel vor und regt sie an nachzudenken, zu hinterfragen, zu zweifeln. Wo bleiben die unscheinbaren Randgruppen und Minderheiten in unserer Gesellschaft? Wie gehen wir um mit jenen, die anders sind, anders denken, anders handeln? Welche Werte, Haltungen, oder Meinungen vertreten oder schützen wir? Welche Ziele verfolgen wir? Welchen Geistern und Moden vertrauen wir? Welche Antworten geben wir? Welche Fragen stellen wir? Warum tun wir das, was wir tun? Was bleibt? – ein feuriges, ein fackelndes Fragezeichen.
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* Claus Gatterer (27. März 1924, Sexten – 28. Juni 1984, Wien): Journalist, Historiker, Dokumentarfilmer. In den 60er und 70er Jahren Ressortleiter "Die Presse" und Chefredakteur der ORF-Sendereihe teleobjektiv. Eines seiner bekanntesten Werke ist der in den 1920er Jahren in Sexten spielende Roman „Schöne Welt, Böse Leut: Kindheit in Südtirol“ (1969).
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