Wozu verpflichten sich Kraftwerksgemeinden?
Rahmenvereinbarungen mit der Firma Infra in Nord- und Osttirol.
Ein Kraftwerk an einem Tiroler Fluss, Gemeinden, die sich zu 25% an der Betreibergesellschaft beteiligen und "von Anfang an eingebunden sind", die Projektfirma Infra als Motor, der Kriterienkatalog als ökologischer Maßstab – derzeit wird an der Sanna, Tirols kürzestem Fluss, exakt jene Diskussion geführt, die Dolomitenstadt-Leser hinlänglich aus dem Virgental kennen. Auch an der Sanna plant und verkauft die Infra ein Kraftwerksprojekt.
Strengen, Tobadill, Pians, Grins, Stanz und Landeck sind in diesem Fall die Anrainergemeinden. „Akzeptanz ist das Nonplusultra“ zitiert die Tiroler Tageszeitung den Landecker Bürgermeister Wolfgang Jörg, der wie seine Amtskollegen Feuer und Flamme für das Projekt ist. Auch das ist eine Parallele zur Kraftwerksprojektierung an der Isel, wo die Bürgermeister Dietmar Ruggenthaler aus Virgen und Anton Steiner aus Prägraten seit Projektstart fast wie Mitarbeiter der privatwirtschaftlichen Projektanten agieren.
Diese Nähe zwischen Kraftwerksbauern und Gemeinden weckt zumindest in Landeck Misstrauen. Der grüne Gemeindemandatar und Landtagsabgeordnete Ahmet Demir kritisiert eine ursprünglich geheime, fünfseitige "Zusammenarbeitserklärung" mit der Infra, in der sich laut TT folgende Passage findet: "Die Gemeinden Landeck, Pians, Tobadill, Grins, Stanz und Strengen verpflichten sich, lokales und regionales Lobbying sowie politische Willensbildung zu betreiben, lokale Informationen und Daten zu beschaffen und die nötigen Entscheidungen in den zuständigen Gremien herbeizuführen.“
Dolomitenstadt schickte diesen Text an Infra-Geschäftsführer Wolfgang Widmann und die beiden Bürgermeister Ruggenthaler und Steiner mit der Frage, ob auch die Gemeinden Virgen und Prägraten solche Zusammenarbeitserklärungen unterzeichnen mussten.
Widmann und Ruggenthaler sind auf Urlaub, Steiner antwortete prompt. Es gebe eine Rahmenvereinbarung, die aber erst von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden müsse und "ausdrücklich der Verschwiegenheit unterliegt". Er habe sich den Vertrag aber noch einmal genau durchgesehen, erklärt Steiner: "Es gibt dort keine gleichlautende Vereinbarung. Soviel kann ich von Seiten der Gemeinde Prägraten sagen".
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Ganz abgesehen davon, was in den „streng vertraulichen Rahmenvereinbarungen“ (vermutlich könnte sonst dem einen oder der anderen BürgerIn ein Licht aufgehen, was da so alles läuft hinter den Kulissen) steht: Ist es nicht bemerkenswert, dass bei gleich mehreren Tiroler Kraftwerksprojekten dieselben „Player“ die Hauptrollen spielen und sich vor Ort einige Statisten zur Mitwirkung suchen? Dass auch immer dieselbe Strategie zur Anwendung kommt und auch mit denselben Werbe- und Marketingfirmen zusammengearbeitet wird? Nein, eigentlich ist es nur logisch.
Die INFRA als Projektentwickler, die schon bei der Erstellung der „Kriterienkatalog Wasserkraft“ eine maßgebliche Rolle gespielt hat (nebenbei auch die Agentur SVWP), ist jetzt landauf landab damit unterwegs, Gemeinden und deren VertreterInnen für Wasserkraftwerke zu begeistern. Dann werden sie zur Erlangung der „sozialen Akzeptanz“ vor den Wagen gespannt. Dafür werden ihnen dicke Karotten (=Beteiligungen) vor die Nase gehängt und damit die Zugkraft gesteigert. Das geschieht in dem Wissen, dass ein Projektwerber „von außen“ keine guten Karten hätte, in irgendeinem Tiroler Tal ein Kraftwerksprojekt zu realisieren. Dass diese Arbeit aber nicht ganz uneigennützig erfolgt, wird auch kaum überraschen.
Bauen und betreiben will die INFRA ja auch nicht selber. Als Tochter der ILF, einem der größten Anbieter von Ingenieurdienstleistungen Europas (Innsbruck-München + 30 weitere Niederlassungen weltweit) deren Planungsstäbe beschäftigt sein wollen, „verkauft“ sie die Planungen und Vorarbeiten. (Die ILF hat übrigens die lange geheim gehaltene „Potentialstudie Wasserkraft“ für das Land Tirol erstellt, damit ist auch klar, wo man am besten "anbietet") Im Falle eines Erfolges kann ganz nebenbei noch ein Teil des Wertzuwachses lukriert werden, der bei tatsächlicher Genehmigung eines Projekts anfällt. Das garantiert die Konstruktion der Gesellschafterverträge mit den Standortgemeinden. Das Risiko von Bau und Betrieb wird dann großzügig anderen überlassen: Unter anderem den Gemeinden, die in der Meinung, ihre Zukunft vergolden zu können, alle Anstrengungen unternehmen, um nur ja nicht die tolle Gelegenheit zu verpassen.
Liebe Bürgermeister im Virgental und auch an der Sanna im Bezirk Landeck: Bitte informiert euch über die Entwicklung der Erzeuger-Strompreise und deren Hintergründe in den letzten beiden Jahren und dabei besonders in den Sommermonaten. Und dann vergleicht bitte die aktuell realistischen Erlöse mit den Ertragsprognosen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Projektentwickler. Ist schon klar, dass sich die Entwicklung der Strompreise zu Beginn der Planungsarbeiten noch nicht abgezeichnet haben, aber es wäre Zeit, die nun bekannte Entwicklung in die Überlegungen einfließen zu lassen.
Übrigens: Die TIWAG hat zwar eigene Planungsstäbe, aber die SVWP macht ihre Arbeit offenbar so gut, dass diese Agentur auch in Bereich der Öffentlichkeitsarbeit beim Projekt „Regionalkraftwerk Mittlerer Inn“ (RMI) der IKB (Innsbrucker Kommunalbetriebe AG = TIWAG – Tochter) beauftragt ist.
„Zusammenarbeitserklärung“ der Gemeinden mit der Infra!
Es gebe eine Rahmenvereinbarung, die aber erst von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden müsse und “ausdrücklich der Verschwiegenheit unterliegt”. Ist diese Genehmigung der Aufsichtsbehörde etwa noch nicht eingegangen und trotzdem ist das Kraftwerkprojekt schon mal auf´s Gleis gesetzt worden!? Bürger und Gemeinderat also uniformiert über diese Rahmenvereinbarung für dieses Projekt instrumentalisiert worden? Es geht also gar nicht um Zusammenarbeit und Beteiligung aller Gemeinde- bzw. Gemeinderatsmitglieder (es geht hier offensichtlich um Lobbyarbeit von Bürgermeister mit einem Projektentwickler) und der Projektentwicklungsfirma. Was muss hier dem gemeinen Bürger ausdrücklich verschwiegen werden? Die volle Wahrheit? Dass dem Bauern Wasser aus der Isel für seine Tiere verweigert werden kann, dass dem Bürger auch dieses und jenes (Wasser? etc. ) vorenthalten werden kann? Schon alleine, dass die Genehmigung für alle diese Dinge seitens der Aufsichtsbehörde nicht vorliegt und trotzdem das Projekt vorangetrieben wurde, sollte auch Nachdenken über die Aufsichtsbehörde verursachen! Eine Aufsichtsbehörde, die tatenlos zusieht oder gar mit im Boot sitzt? So also sieht „Wir entwickeln mit der Bevölkerung und Fachleuten“ aus, oder „Wir bestimmen die Form der Nutzung“, oder „Wir planen für die Zukunft“ aus Sicht der Projektentwickler aus. Bleibt nur noch die Frage, wessen Zukunft hier entwickelt, bestimmt und geplant wird!? Das soll der Virgentaler Weg sein?
“Die Gemeinden Landeck, Pians, Tobadill, Grins, Stanz und Strengen verpflichten sich, lokales und regionales Lobbying sowie politische Willensbildung zu betreiben, lokale Informationen und Daten zu beschaffen und die nötigen Entscheidungen in den zuständigen Gremien herbeizuführen.“ Genau diese Strategien sind auch an der Isel gefahren worden. Nur muss das Wort Gemeinden durch ´Bürgermeister und ihre Hilfstruppen in ´ersetzt werden!
Wäre an der Sache nichts dran, hätten die urlaubenden Herren, Bgm. Ruggenthaler und Ing. Widmann sicher eine kurze SMS: "Es gibt keine Zusammenarbeitserklärung" an dolomitenstadt geschafft. Oder die Firma Wiko hätte, schnell wie immer, die PR-arbeit übernommen. Die Vereinbarung gibt es also, bestätigt Bgm. Steiner und das Interesse ist groß zu erfahren, was denn nun wirklich drinnen steht. Warum der Text der Verschwiegenheit unterliegt, antlarvt einmal mehr die Worthülsen: "Die Bevölkerung ist von Anfang an eingebunden" und den beschworenen "Dialog" (Slogan der Firma SVWP) als PR-Gag. Interessant wäre auch zu wissen, ob die Gemeinderäte informiert waren und was denn die Aufsichtsbehörde zum Schreiben und der Vorgangsweise sagen wird. Denn die Alarmglocken schrillen schon lange, wenn sich eine Privatfirma als Hauptnutznießerin des Kraftwerks, die "sozial Akzeptanz " der Gemeinden, einfach kaufen kann.
"Es gibt dort keine gleichlautende Vereinbarung." klingt nicht ganz so überzeugend, vielleicht hat Steiner es nicht so gemeint, aber gleichlautend (laut Duden "im Wortlaut übereinstimmend") kann die Rahmenvereinbarung schon alleine wegen den anderen Gemeindenamen nicht sein.
Sind außerdem nicht auch im Land für Kraftwerksprojekte zuständige Gremien vorhanden? Sprich wenn Infra die Projekte fahrlässig plant und sie deshalb abgesägt wurden, werden die Gemeinden zur Kasse gebeten!?
Jo, darf der denn des überhaupt? Ohne Widmann und Ruggenthaler so gewagte Statements abgeben? So richtig auf "Jetzt bin ich allein - jetzt darf ich auch mal was wagen und sagen." Der alte Kaiser des letzten Jahrhunderts hätte das wohl auch gefragt: "Jo, derfens des denn überhaupt?"
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